Bundesrat Stenographisches Protokoll 646. Sitzung / Seite 109

Home Seite 1 Vorherige Seite Nächste Seite

heißt, die sich auf das gesamte Bundesgebiet verteilen werden und zur Aufstockung der Exekutive in den Grenzbereichen keinesfalls ausreichen werden.

Daß die Situation nicht nur am Brenner kritisch ist, sondern auch in anderen Grenzbereichen kann man täglich in den Medien nachlesen. Gerade heute gab es in der "Presse" wieder einen Bericht über die Zustände an der Grenze in Marchegg, wo auch laufend Illegale aufgegriffen werden und wo die Ausstattung der Exekutivbeamten unzureichend ist und wo auch das Per-sonal, das dort zum Einsatz kommt, absolut nicht ausreicht, um den Zuständen dort Herr zu werden.

Für die konkrete Situation auf dem Brenner heißt es natürlich auch, daß die Gendarmerie das breite Feld der Aufgaben aufgrund der personellen Unterbesetzung unmöglich mehr abdecken kann. Eine Situation wie die am Wochenende eingetretene führt natürlich dazu, daß die Einsatzkräfte zur Gänze gebunden sind und keinerlei Verkehrskontrollen mehr durchgeführt werden können. Auch die beiden Busse, die an sich für die Ökopunktekontrollen eingesetzt werden sollten, stehen nicht mehr zur Verfügung, weil sie zum Transport für die Illegalen benötigt werden.

Für die Kontrolle des gesamten LKW-Verkehrs, einschließlich für Wiegung, für Ökopunktekontrollen, für Tiertransportkontrollen, für die Kontrolle der Einhaltung der Nachtfahrverbote und Wochenendfahrverbote, und für die Kontrolle der illegalen Migration hat das Bundesland Tirol im Ausgleich lediglich einige wenige Planstellen für die Verkehrsgendarmerie dazubekommen.

Dazu kommt noch der enorme Verwaltungsaufwand, den die Beamten zu bewältigen haben. Ich habe mir das selbst angeschaut: Ein Akt über den Aufgriff von vier Geschleppten mit zwei Verhaftungen hat 200 Seiten, der in vierfacher Ausfertigung an die zuständigen Stellen zu verschicken ist. Es besteht in den betroffenen Dienststellen nicht einmal eine Vernetzung zwischen den vorhandenen Computern und den Fax-Geräten. Das heißt, daß all das händisch kopiert und händisch verteilt und mit Auto und unter Beamteneinsatz an die zuständigen Stellen und an das Gericht transportiert werden muß.

Dazu kommen weiters geradezu groteske Regelungen auf der gesetzlichen Ebene, was den Tatbestand der Schlepperei betrifft. Es gibt im Fremdengesetz die Regelung, daß Schlepperei erst ab einer rechtswidrigen Ein- und Ausreise von mehr als fünf Personen strafbar ist.

Das führt natürlich innerhalb kürzester Zeit dazu, daß sich die organisierte Kriminalität und das organisierte Schlepperwesen selbstverständlich darauf einstellen. So wurden in den letzten Wochen zunehmend Kleintransporte mit PKWs und Taxis durchgeführt. Das funktioniert dann so, daß Taxis – entweder aus Deutschland, aber auch aus Tirol – mit vier bis fünf Fahrgästen über die Grenze fahren. Der Taxifahrer sagt dann: Das sind Fahrgäste, die mir einen Fahrpreis bezahlt haben; ich habe nicht kontrolliert, ob es sich dabei um legale oder illegale Ausländer handelt!

Es besteht also keine Möglichkeit, strafrechtlich oder mit einer Verwaltungsstrafe vorzugehen, sondern es kommt allenfalls zu einer Anzeige auf freiem Fuß, die, wie mir berichtet wurde, meistens im Sand verläuft.

Herr Bundesminister! Ich möchte daher mit allem Nachdruck an Sie appellieren, diese Situation nicht zu verharmlosen. Das war keine Wochenendkrise, sondern das ist ein Alarmzustand – nicht nur an der Brennergrenze, sondern auch an den anderen Grenzübergängen. Man muß sich nur die Meldungen betreffend die Aufgriffe von Illegalen in der heutigen Nacht anschauen, um das bestätigt zu bekommen. In der Südsteiermark zum Beispiel wurden 21 Kosovo-Albaner aufgegriffen. Auch auf der niederösterreichisch-tschechischen Grenze wurden wieder mehrere Illegale aufgegriffen. Selbstverständlich war das auch an der Grenze in Kufstein der Fall. Dort hat man jetzt zusätzliche Kontrollen eingeführt.

Noch bevor die Krise auf dem Brenner eingetreten ist und der neue Nord-Süd-Schleppertransit dadurch offensichtlich geworden ist, hat der Generaldirektor für öffentliche Sicherheit, Herr Sika, der in solchen Zusammenhängen sehr viel zitiert wird, bereits gesagt, dem Migrationsdruck sei nicht mehr lange standzuhalten, es brenne an allen Ecken und Enden.


Home Seite 1 Vorherige Seite Nächste Seite