gesichts dessen ist es sehr schwierig, da einen konstruktiven und guten Mittelweg zu gehen, und zwar einerseits zu garantieren, daß Österreich ein Land ist, das bereit ist, Menschen, die in Not sind oder die aus politischen, ethnischen oder religiösen Gründen verfolgt werden, Schutz und Hilfe zu geben, andererseits aber auch zu garantieren – ich sage das sehr bewußt so –, daß Österreich nicht vom Migrationsstrom erdrückt wird.
Das ist eine Situation, der nicht nur Österreich ausgesetzt ist, sondern von der auch andere Staaten in Europa betroffen sind. Das wird – wie auch Sie es in Ihrer dringlichen Anfrage formuliert haben – auch von den anderen Staaten so gesehen – ob das jetzt Deutschland ist, ob das Italien ist, ob das Frankreich ist, ob das die Beneluxstaaten sind oder ob das Großbritannien und viele andere Staaten mehr sind. Darauf müssen wir gemeinsam eine Antwort geben, und diese Antwort wird nicht leicht sein. Es wird auch nicht leicht sein, immer mit den richtigen Mitteln zu agieren.
Ich möchte zu dem Wochenende und zu den Ereignissen der letzten Tage an der Brennergrenze sagen, daß ich sie in keiner Weise verharmlosen möchte, sondern daß ich gesagt habe, daß es eine Sondersituation ist, und dazu stehe ich auch heute noch. Es war eine Sondersituation, die sich am letzten Wochenende entwickelt hat. Das hat im wesentlichen zwei Gründe gehabt: Der erste Grund ist die Verhaftung des PKK-Führers Öcalan in Italien, die dazu geführt hat, daß Hunderte, ja Tausende Kurden aus verschiedenen Teilen Europas nach Italien gereist sind, um dort zu demonstrieren. Das waren zum Großteil Kurden, die in Deutschland, aber auch in anderen EU-Staaten, gültige Aufenthaltsbewilligungen haben und denen deshalb auch jederzeit die Durchreise durch Österreich gestattet ist.
Der zweite Grund für diese Sondersituation – das haben Sie auch richtigerweise in Ihrer dringlichen Anfrage geschrieben – ist die Tatsache, daß die italienische Regierung – meiner Meinung nach mißverständlich – in der Öffentlichkeit die Ankündigung gemacht hat, daß sie den Aufenthaltsstatus eines Teils der Drittstaatsausländer, die in Italien sind, legalisiert. Das hat dazu geführt – wenn Sie bei unseren Kolleginnen und Kollegen auf dem Brenner gewesen sind und mit ihnen geplaudert haben, werden Sie das auch bestätigt bekommen haben –, daß diesen Strom der Kurden, die in Italien demonstrieren wollten, viele Illegale zu nutzen versucht haben, um nach Italien zu kommen und dort einen legalen Aufenthaltsstatus zu erlangen.
Es hat sich dort Dramatisches abgespielt, beispielsweise in Rom und in anderen Städten. Wenn der österreichische, der deutsche oder irgendein anderer Innenminister in der Weise vorgegangen wäre, wie das die italienischen Behörden getan haben, wäre die Kritik sehr scharf gewesen. In Italien ist das offensichtlich möglich. Doch das zeigt auch, daß ich politisch richtig handle, wenn ich sage, daß es, obwohl wir uns dabei schwertun, richtig ist, daß wir in Österreich den Aufenthalt jener Menschen nicht legalisieren, die in Österreich Asyl beantragen, dieses Asyl jedoch aus unterschiedlichen Gründen nicht bekommen, aber gleichzeitig nicht abgeschoben werden können, weil wir nicht wissen, in welches Land wir sie abschieben können, weil wir nicht wissen, aus welchem Land sie kommen, oder weil das ursprüngliche Land nicht bereit ist, sie aufzunehmen, oder weil ihnen aus anderen Gründen unter Umständen die Todesstrafe drohen kann. Das ist deswegen meiner Meinung nach richtig, weil das – obwohl die wenigen hundert, die das betrifft, kein Problem für Österreich darstellen – ein Präjudiz für die Zukunft wäre. Dann würden nämlich – dessen müssen wir uns bewußt sein – alle Illegalen nach Österreich strömen, und dann hätten wir jedes Jahr dieses Problem von neuem, allerdings in größerem Ausmaß. Daher ist der österreichische Weg der bessere.
Wir haben einen sogenannten Integrationsbeirat geschaffen, in welchem verschiedene Institutionen, auch nichtstaatliche Organisationen wie Caritas, Amnesty International und eine Reihe von anderen Organisationen, mitwirken und in welchem wir die Möglichkeit haben, zusätzlich humanitären Aufenthalt zu geben, auch wenn kein Asyl gewährt worden ist. Da können wir punktgenau jene treffen, die tatsächlich davon betroffen sind. Im heurigen Jahr haben wir bereits 240 solcher humanitärer Aufenthaltsbewilligung gewährt. Ich halte das für viel besser als eine Pauschallegalisierung, wie es beispielsweise in Italien der Fall ist.
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