Bundesrat Stenographisches Protokoll 646. Sitzung / Seite 137

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Fortsetzung der Tagesordnung

Präsident Alfred Gerstl: Wir setzen die Verhandlung über Tagesordnungspunkt 15, Außenpolitischer Bericht, fort.

Zu Wort gemeldet hat sich Herr Mag. John Gudenus. Aufgrund der freiwillig vereinbarten Redezeitbeschränkung hat er noch 3 Minuten.

18.17

Bundesrat Mag. John Gudenus (Freiheitliche, Wien): Sehr geehrter Herr Präsident! Ich wurde eben informiert, daß die Frau Staatssekretärin gebeten hat, nicht weiter hier bleiben, also nicht so lange warten zu müssen. (Bundesrat Rauchenberger: Den letzten Satz wird er ohne Mini-ster oder Staatssekretär herausbringen!) Die Gebräuche im Hohen Haus werden dem Bundesrat gegenüber oft etwas großzügig interpretiert. Ob es der Achtung des Bundesrates entspricht, weiß ich nicht, aber ich kann nichts anderes machen, als es zur Kenntnis zu nehmen, aber ich nehme es unter Protest zur Kenntnis. So ist es.

Sehr verehrte Damen und Herren! Liebe Freunde! Da wir heute beim Thema Menschenrechte sind, habe ich mir dieses Thema auch in bezug auf den Außenpolitischen Bericht sehr deutlich vor Augen geführt. Wir Freiheitlichen haben, wie ich im letzten Teil meines Beitrags zu diesem Thema gesagt habe, sehr deutlich die Menschenrechte studiert und behandelt und meinen, daß die Menschenrechte nicht ein Spleen des Westens, sondern ein wesentlicher Teil der gesellschaftlichen, zivilisatorischen Entwicklung sind.

Menschenrechte und Demokratie lassen sich von Marktwirtschaft und Liberalisierung auf Dauer nicht trennen, waren meine abschließenden Worte. Wir erleben gerade im europäischen Bereich ein ständiges Durchbrechen der Menschenrechte.

Zu diesem Thema hat der Präsident der Berliner Akademie der Künste, der ungarisch-jüdische Philosoph György Konrád einige Bemerkungen gemacht, die ich durchaus zu diesem Thema passend auch in diesem Rahmen, leicht verkürzt, leicht abgewandelt – leider in Abwesenheit der Frau Staatssekretärin – darbringen möchte:

Das Recht des Menschen auf jenes Territorium, jene Gegend, jene Siedlung, wo er lebt, wo seine Vorfahren gelebt haben, ist ein elementares Menschenrecht, ein grundlegendes Menschenrecht. – Zitatende.

Ich betone das deswegen so, weil gerade wir Österreicher in den letzten Monaten verstärkt die Geschehnisse im Zusammenhang um die, vor und nach der "Reichskristallnacht" besonders betont und hervorgehoben haben.

Es schmerzt mich dann ungemein, wenn man hören und feststellen muß, daß der Staat Israel, der jene Bürger beherbergt, die so viel in der Geschichte – gerade in diesem Jahrhundert – mitgemacht haben, jene "Mitbürger" – wurde heute einmal gesagt –, die nicht jüdisch-israelischer Abstammung sind, sehr schlecht behandelt und vertreibt.

Es gibt diese Siedlung von Har Homa, welche auch schon im Wye-Abkommen erwähnt worden ist, bei der die Ausschreibung des ersten Bauabschnittes stattgefunden hat. Dieses umstrittene jüdische Siedlungsprojekt führt wiederum zur Vertreibung aus diesem Gebiet von schon seit Jahrhunderten ansässigen Arabern. Es ist mir unverständlich, wie sich jener Staat, der derart – und ich wiederhole es – unter der geschichtlichen Entwicklung dieses Jahrhunderts gelitten hat, nicht viel besser verhält, nicht so vorzüglich verhält, als daß er sagen könnte: Wir haben die Lehren aus der Geschichte so gezogen, daß man uns keinen Vorwurf machen kann.

Meine Damen und Herren! Die Landwegnahme in der Vergangenheit, aber auch jetzt, ist Raub; die gewaltsame Trennung des Menschen von seinem Wohnort ist halber Mord, schreibt Konrád. Die Deportation und die mit Drohung einhergehende Vertreibung von Menschen sind ein zu verfolgendes Verbrechen. Die ethnische Säuberung, gepaart mit Plünderung, ist heute wie ehedem unentschuldbar, unakzeptabel. Kollektive Bestrafung und Verfolgung von Gemeinschaften,


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