Bundesrat Stenographisches Protokoll 647. Sitzung / Seite 172

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Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Wünscht der Herr Minister das Wort oder nicht? – Ja!

Zu Wort gelangt der Herr Bundesminister. – Bitte.

19.53

Bundesminister für Finanzen Rudolf Edlinger: Ich möchte zunächst einmal zu Ihrem letzten Punkt, sehr geehrter Herr Bundesrat, eine Bemerkung machen, nämlich im Hinblick auf die Flexibilisierungsklausel und auf die Tatsache, daß Sie diese für verfassungsproblematisch halten. Sie haben damit natürlich völlig recht, sonst müßte man das nicht mit einer Verfassungsbestimmung beschließen.

Ich sage Ihnen ehrlich und offen, daß es mir ein großes Anliegen ist, im Budgetvollzug alle Mög-lichkeiten auszuschöpfen, die möglicherweise geeignet erscheinen, mit dem Steuergeld extrem sparsam umzugehen. So muß man diese Dinge auch sehen. Die Flexibilisierungsklausel ist ein Ver-such, und zwar ein befristeter Versuch. Wir haben sie absichtlich Experimentierklausel ge-nannt – ein Experiment kann natürlich auch mißlingen!

Die Überlegung, die dahintersteht, bezieht sich auf diese Maßnahmen, aber auch auf jene, die in einem anderen Gesetz im Hinblick auf die Bekämpfung des sogenannten Dezemberfiebers – das heißt: jeder versucht, noch schnell sein Geld auszugeben, sonst hat er im übernächsten Jahr geringere Ansätze – geregelt wurden. Das ist nichts Neues, das kennen Sie ja.

Als Finanzminister hat man es natürlich nicht leicht, solchen Beträgen hinterherzulaufen, denn meistens kommt man erst darauf, wenn sie schon weg sind. Daher halte ich es für wichtig, be-stimmte Felder des Budgetvollzugs, und zwar im Einvernehmen mit dem Fachminister, herauszufiltern, dieses Experimentierfeld klar zu umreißen und den Mitarbeitern zur Kenntnis zu bringen. Ich muß Ihnen ehrlich sagen, daß ich, wenn ich in einem solchen Bereich des Bundesdienstes tätig wäre, es eigentlich schon gerne hätte, daß es sichtbar ist, wenn ich tüchtig bin. Das spornt, so glaube ich, auch an.

Das heißt, mein – jetzt hätte ich fast hinterfotzig gesagt, aber dieses Wort liegt mir nicht – mein Gedanke im Hintergrund ist, daß ich Partner für die Sparsamkeit bekomme. Den Erfolg möchte ich teilen. Der Mitarbeiter soll davon etwas für seinen künftigen Bereich haben. Ich möchte aber für das Bundesbudget auch etwas haben. Entschuldigen Sie, Herr Bundesrat, aber wenn mir bei solch einem Experiment – vielleicht funktioniert es ohnehin nicht – die Verfassung im Weg steht, dann ist es meiner Ansicht nach wirklich kein Verfassungsbruch, wenn wir uns die Möglichkeit dazu verschaffen. Wenn wir nach drei Jahren draufkommen, daß das nichts war, dann war es halt nichts, und man wird es im vierten Jahr nicht mehr tun. Es ist aber zumindest ein Versuch.

Ich bin durchaus optimistisch. Aus der Art, wie die Gespräche anlaufen – denn es geht erst ab dem Budget 2000 –, habe ich den Eindruck, daß eine Reihe von Ressortkollegen extremes Interesse daran hat, solche Bereiche in ihrem Vollzug, innerhalb ihrer politischen Verantwortung festzusetzen. Auf Ihre Frage, was passiert, wenn der Beirat, der eine sehr kleine Gruppe ist, nicht einstimmig entscheidet, möchte ich Ihnen antworten: Das kann durchaus sein, dann passiert gar nichts, und es gibt eben keine Empfehlung des Beirates. Das ist ganz einfach! Ent-weder beide Ministerien und der Unabhängige sind der Meinung, dafür eine Empfehlung zu geben, oder sie sind es nicht, dann gibt es eben keine Empfehlung. Das spielt auch keine Rolle, denn man wird hinterher feststellen, ob das Experiment funktioniert hat. Der Beirat ist eigentlich so etwas wie – das ist vielleicht nicht ganz exakt, aber von der Philosophie her – eine begleitende Kontrolle, etwas, das gerade in Experimentierbereichen sehr wichtig ist.

Ich bedaure daher zutiefst, daß Sie diesem Versuch nicht zustimmen, weil eigentlich nichts passieren kann. Was kann passieren? – Es kann passieren, daß das Budget bis zum letzten Groschen ausgegeben wird oder aber in einzelnen Bereichen Budgetsummen übrigbleiben. Und das wäre etwas Gescheites! Es wäre durchaus überlegenswert, ob nicht auch Ihre Fraktion einer solchen gescheiten Überlegung zustimmt. (Beifall bei SPÖ und ÖVP. – Bundesrat Dr. Tremmel: Dann muß jede Seite etwas von der Einsparung haben!)

19.58


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