Bundesrat Stenographisches Protokoll 648. Sitzung / Seite 49

Home Seite 1 Vorherige Seite Nächste Seite

rates aufgrund unserer Verfassung halbjährlich der Erstgereihte des jeweils zur Vorsitzführung bestimmten Bundeslandes stellt, dieser ist daher außer Obligo. Zur Geschäftsordnung, aus der wir immer zitieren – Atzwanger/Zögernitz; Dr. Zögernitz ist übrigens unser Klubdirektor –, ist zu sagen, daß sie im Jahre 1988 geschrieben wurde. Ich bitte Sie aufzupassen: 1988 waren in diesem Hohen Hause zwei Fraktionen vertreten, nämlich ÖVP und SPÖ.

In den Erläuterungen steht: Diese Grundsätze ... (Bundesrat Dr. Tremmel: Den Zustand wollen Sie weiterführen!)

Lieber Paul Tremmel! Ich habe nichts dagegen, daß du hier bist! Ich bin froh darüber, daß du da bist! Ich habe wirklich nichts dagegen! Es freut mich auch, wenn ich dich sehe! Aber die Geschäftsordnung sagt eben ein bißchen etwas anderes aus als ihr.

In den Erläuterungen steht: Diese Grundsätze bedeuten in der Praxis des Bundesrates, daß die von den beiden stärksten im Bundesrat vertretenen Fraktionen als Kandidaten Vorgeschlagenen als Vizepräsidenten beziehungsweise als Schriftführer zu wählen sind.

Damals hat es nur zwei Fraktionen gegeben. Aber wie unser Klubdirektor nun einmal ist, ist er 1988 vorausschauend und weise genug gewesen, um zu sagen, daß die zwei stärksten Fraktionen die Vizepräsidenten namhaft machen sollen. Deshalb ist es das Natürlichste und Klarste der Welt, daß die Vizepräsidenten von den zwei stärksten Fraktionen, nämlich von der SPÖ und von der ÖVP, zu stellen sind.

Für meine Fraktion erkläre ich, daß wir den altbewährten und von Ihnen auch – dafür bedanke ich mir, Herr Kollege – sehr geschätzten Herrn Bundesminister außer Dienst Jürgen Weiss zum zweiten Vizepräsidenten wählen werden. (Beifall bei der ÖVP und bei Bundesräten der SPÖ.)

15 .21

Vizepräsident Jürgen Weiss: Als nächstem Redner erteile ich Herrn Bundesrat Dr. Paul Tremmel das Wort. – Bitte. (Bundesrat Payer: Das ist die Ausgabe 1987!)

15.21

Bundesrat Dr. Paul Tremmel (Freiheitliche, Steiermark): Herr Vizepräsident! Meine Damen und Herren! Dort, wo Ihr Klubobmann Ludwig Bieringer mit dem Zitieren aufgehört hat, fange ich an, das heißt also mit der Praxis. Wenn Sie die Historie Revue passieren lassen, meine Damen und Herren, dann kommen Sie darauf, daß zwar bei der maßgeblichen Verfassungsänderung in den zwanziger Jahren ganz eindeutig festgelegt wurde, daß das Verhältniswahlrecht das für uns bestimmende sei – daraus ableitend das d’Hondtsche System –, aber wenn man die Protokolle durchliest, kommt man zu der Meinung, daß man in diesem Fall zu keinem endgültigen Schluß gekommen ist. (Bundesrat Payer: Der Präsident wird nicht gewählt!)

Alle haben die Geschäftsordnung richtig zitiert. Aber nehmen Sie bitte eines zur Kenntnis: Im Nationalrat, in den Länderparlamenten gilt das Verhältniswahlrecht. (Bundesrat Bieringer: Lieber Paul! Im Nationalrat ist der Präsident nicht automatisch bestellt! Das solltest du zur Kenntnis nehmen!) Was Sie hier, indem Sie sich hinter der Geschäftsordnung verstecken, machen, ist, daß Sie einer politischen Fraktion entsprechend des Verhältsniswahlrechtes die ihr zustehende Positionierung verweigern. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Meine Damen und Herren! Das ist bedauerlich. Das ist so bedauerlich wie das Hängenbleiben der Bundesstaats- und Bundesratsreform. Es ist bedauerlich, daß Sie heute demokratische Stärkeverhältnisse einfach nicht zur Kenntnis nehmen wollen. – Das ist auch die Frage, die sich uns stellt.

Wenn Kollege Kone#ny gesagt hat, wir haben gesagt, daß wir das prüfen werden, dann ist das richtig. Aber es würde der Courtoisie entsprechen, wenn man sich der Demokratie und dem Verhältniswahlrecht verbunden fühlt, daß man diese Prüfung gemeinsam anstrebt. Auch das haben Sie bis nun verweigert, meine Damen und Herren, so wie Sie uns unserer Meinung nach gerechterweise den Vizepräsidenten hier verweigern, der uns aufgrund des tatsächlichen Stärkeverhältnisses zustehen würde. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

15.24


Home Seite 1 Vorherige Seite Nächste Seite