Bundesrat Stenographisches Protokoll 648. Sitzung / Seite 58

Home Seite 1 Vorherige Seite Nächste Seite

und doch versucht hat, in einer sehr ausführlichen Art und Weise unsere Fragen zu beantworten. Ich bedanke mich dafür! Ich habe nämlich schon vorgehabt, ihn morgen in Kärnten, wo er am "Europa-Telefon" zur Verfügung steht und zum Thema "Was ist in der Steuerpolitik weitergegangen?" Fragen beantworten wird, jene Fragen zu stellen, auf die ich vielleicht heute keine Antwort bekomme. Sollte die eine oder andere Frage hier noch entstehen, werde ich von diesem Angebot natürlich Gebrauch machen.

Bevor ich mich mit den konkreten Antworten beschäftige, die der Herr Bundesminister gegeben hat, möchte ich doch einige grundsätzliche Bemerkungen zur Situation im Zusammenhang mit der Steuerreform machen. Ich beziehe mich, was den derzeitigen Ist-Zustand betrifft, auf den Verein Österreichischer Steuerzahler, auf ein Gremium des Fachsenates für Steuerrecht in der Kammer der Wirtschaftstreuhänder und auf Experten unserer Hochschul- und Forschungsinstitute, und ich darf Ihnen, meine Damen und Herren, berichten – aber das wissen Sie ohnedies schon –, daß das gegenwärtige österreichische Steuersystem auf wackeligen Beinen steht und dringend einer Rundumerneuerung bedarf.

Drei Punkte sind es im wesentlichen, über die sich alle Experten einig sind:

Erstens: Die explosionsartige Erhöhung der Abgabenquote – der Herr Bundesminister sieht das zwar nicht so dramatisch, aber immerhin ist diese Abgabenquote von 40,9 Prozent im Jahre 1990 auf 45,7 Prozent im Jahre 1996 gestiegen – muß eingebremst werden, müßte schnell wieder rückgängig gemacht werden.

Zweitens muß der Faktor Arbeit entsprechend entlastet werden. Durch die exorbitant hohe steuerliche Belastung der Arbeitgeber und Arbeitnehmer hat sich die Belastung durch die Schwarzarbeit in Österreich von 90 Milliarden Schilling im Jahre 1989 auf 233 Milliarden Schilling im Jahre 1998 erhöht. Wenn Sie sich, meine Damen und Herren, die Belastung der Lohnsumme im europäischen Vergleich ansehen – der Herr Bundesminister hat auch auf die europäische Situation hingewiesen –, so können Sie sehen, daß Österreich bei der Belastung der Lohnnebenkosten im europäischen Durchschnitt an der Spitze liegt, gefolgt von Schweden und Frankreich, und daß der europäische Durchschnitt wesentlich besser ist. Ich zitiere in diesem Zusammenhang Professor Dr. Lehner, der gesagt hat, daß in Österreich 60 Milliarden Schilling mehr an Steuern von der Lohnsumme bezahlt werden, als dies im europäischen Durchschnitt der Fall ist.

Drittens: Es ist – das hat der Herr Bundesminister eigentlich auch in Abrede gestellt, aber die Experten gehen nicht davon ab – zu einer zunehmenden Verkomplizierung und Unübersichtlichkeit der Steuergesetze gekommen, und sogar die Experten kennen sich zum Teil schon nicht mehr aus.

Ich zitiere dazu den bekannten und allgemein anerkannten Grazer Professor DDr. Ruppe, der als Herausgebers des "Grundrisses des österreichischen Steuerrechtes" und einer der erstklassigsten Kenner der Materie folgendes wörtlich gemeint hat: Die Normen im Steuerrecht sind heute so gestaltet, daß sie oft nur noch unter Zuhilfenahme der Privatmeinung von Ministerialbeamten auslegbar sind.

Ich zitiere nun einen gut bekannten Klagenfurter Universitätsprofessor, Herrn Dr. Herbert Kofler, der in dieses Zusammenhang seinen Unmut auf den Punkt gebracht hat, indem er meinte: Das Steuerrecht ist ein prinzipienloses Recht, das im Laufe der Zeit so kompliziert und unübersichtlich wird, daß es selbst von Fachleuten nicht mehr beherrscht werden kann.

Die leitenden Herren und Damen im Finanzministerium scheinen tatsächlich im Verbund mit der Bürokratie über das Abkassieren vergessen zu haben, daß das Steuerrecht gewissen Grundsätzen und Prinzipien einfach genügen muß, wenn es den Hauptzweck, nämlich die Erzielung von Einnahmen, nicht verfehlen soll.

Der Fachsenat für Steuern der Wirtschaftstreuhänder läßt an Deutlichkeit nichts zu wünschen übrig, wenn er meint: Prinzipienloses Recht wird im Laufe der Zeit so kompliziert und unübersichtlich, daß es selbst von Fachleuten nicht mehr beherrscht werden kann. Es schafft unnö


Home Seite 1 Vorherige Seite Nächste Seite