Bundesrat Stenographisches Protokoll 648. Sitzung / Seite 75

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Präsident Alfred Gerstl: Zu Wort gemeldet hat sich Herr Bundesrat Mag. Gudenus. Ich erteile ihm dieses.

17.53

Bundesrat Mag. John Gudenus (Freiheitliche, Wien): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Wenn wir in der vorweihnachtlichen Zeit über Steuern sprechen, heißt das nicht, daß wir etwas zu verschenken haben. Ich bin dem Herrn Bundesminister für die Sachlichkeit seiner Ausführungen und für das sachliche Eingehen auf die Fragestellungen sehr dankbar. Nüchtern hat er seine Sicht dargelegt, und es ist die Aufgabe der Opposition, seine Sicht manchmal weniger nüchtern zu beurteilen, aber vielleicht die eine oder andere originelle, neue Idee einzubringen.

Auch Kollege Konecny war bemüht, konsensual und gerecht zu sein. Er fürchtete einfache Lösungen ein bißchen. Wir sehen aber anhand des Zahlenmaterials, das mein Vorredner erläutert hat, daß die schwierigen, die komplizierten Lösungen auch nicht gerade die sind, die wir uns wünschen, daß die Bevölkerung dennoch beunruhigt ist. Ich möchte nicht sagen, daß sich die Bevölkerung fürchtet – von wegen "einfache Lösungen fürchten" –, aber die derzeitige Situation erweckt in der Bevölkerung zutiefst beunruhigende Gefühle.

Meine Damen und Herren! Steuern sind kein Selbstzweck. Aber zu den Steuern rechnet die Bevölkerung im großen und ganzen auch die Abgaben und die Beiträge – denn das ist es, was ihnen aus der Tasche genommen wird –, die natürlich die soziale Komponente der Umverteilung darstellen.

Aber was hat sich in den letzten 50 Jahren dargestellt, meine Damen und Herren? Wie hat sich die soziale Komponente ausgewirkt? Stimmt es nicht, daß die Reichen reicher geworden sind, Herr Bundesminister, und es doch Arme gibt, die ärmer geworden sind? Ist dies nicht ein Versagen – nicht von Ihnen, Herr Bundesminister – der Sozialpolitik dieses Staates in den letzten 40, 50 Jahren, daß man feststellen kann, daß auch Arme ärmer geworden sind? – Das beunruhigt uns, und das regt uns an, neue Überlegungen anzustellen.

Was die Grundsteuer und den Einheitswert anlangt, Herr Bundesminister, so bin ich froh, wenn Sie hier sagen, es werde keine Grundsteuer-/Einheitswerterhöhung geben. Wenn das so ist, dann nehme ich das jetzt hier für uns alle als bare Münze, denn ich war der Meinung, daß auch eine Einheitswerterhöhung ohne Ihr Mitwirken in den Gebietskörperschaften durchgeführt werden kann. Wenn das nicht der Fall ist, dann bin ich wirklich froh und nehme es für mich als kleines Weihnachtsgeschenk mit. Die Einheitswerte und damit die Grundsteuer wird im Jahr 1999 und darauffolgend nicht erhöht. So ist es doch, Herr Bundesminister? (Bundesminister Edlinger nickt. – Beifall bei den Freiheitlichen.)

Vielleicht sollte sich auch ein Bundesminister überlegen, manche der Kompetenzen, die er steuermäßig und einnahmenmäßig hat, auf die Gebietskörperschaften der Länder zu übertragen. (Bundesminister Edlinger: Mache ich sofort! – Heiterkeit bei der SPÖ.) Herr Bundesminister! Wenn nämlich jemand wegen der Steuern geschimpft wird, dann ist es immer der Bundesminister und nicht der Landesrat. Wieso lassen Sie die diversen Landesräte nicht auch hie und da die Geprügelten sein? – Ich muß Ihnen das wirklich sagen. Sie sind nicht ein bezahlter Flagellantist. Sie sollten doch diese Aufgaben verteilen, denn im Rahmen des Finanzausgleiches erledigen Sie sehr viel für die Länder, und ich finde, im Rahmen des Föderalismus sollte den Ländern auch Steuerfindung zugestanden werden, was unter dem Strich nicht gleichzusetzen ist mit Steuererhöhung für den Bürger.

Die Bürger haben natürlich sowohl Ihrer Überlegung, Herr Bundesminister, einer Steuerreform als auch – ich weise das nicht zurück – zum Teil unseren Überlegungen gegenüber ein Mißtrauen, lautet doch ein altes österreichisches Wort: Alte Steuer – gute Steuer, neue Steuer – schlechte Steuer. – So ähnlich lautet es. Es ist sehr schwierig, den Bürger von einer guten Idee – sei es die Ihre und die Ihrer Freunde, sei es die unsere und unserer Freunde – zu überzeugen. Aber so ist Politik eben.


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