Bundesrat Stenographisches Protokoll 649. Sitzung / Seite 31

Home Seite 1 Vorherige Seite Nächste Seite

beide Regierungsparteien – die österreichischen Parlamentarier in Brüssel genötigt oder angehalten werden, sich nicht gegen diese Kommission auszusprechen. Denn wie es hier im Hause üblich ist, daß die Regierungsvertreter, die Parlamentarier, die den Regierungsparteien nahestehen, Partner der Regierung sind, wie Konecny zu sagen pflegt, scheint es ja auch in Brüssel so zu sein, daß die dortigen sogenannten Parlamentarier Freunde der Kommissare sind. Das wünsche ich mir nicht! Parlamentarier haben stets auf der Hut zu sein und der Regierung und den Kommissaren auf die Füße zu steigen! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Aus diesem Grund, meine Herren, haben wir einen Entschließungsantrag eingebracht, der folgendermaßen lautet:

Entschließungsantrag

der Bundesräte Dr. Bösch und Kollegen betreffend Mißtrauen gegen EU-Kommissare

Der Bundesrat wolle beschließen:

"Die Bundesregierung wird aufgefordert, gemäß Art. N EU-Vertrag einen Vorschlag auf Änderung der Verträge zu unterbreiten, der vorsieht, daß dem Europäischen Parlament die Kompetenz eingeräumt wird, die Amtsenthebung jedes einzelnen Mitglieds der Kommission, welches die Voraussetzungen für die Ausübung seines Amtes nicht mehr erfüllt oder eine schwere Verfehlung begangen hat, beim EuGH zu beantragen."

*****

Meine Damen und Herren! Wenn wir diese Vorkommnisse betrachten und wenn wir diese Art von Vorkommnissen kritisch beurteilen, so kann ich nur sagen: Diese Europäische Union soll sich hüten, eine Osterweiterung vorzunehmen, bevor sie nicht ihren eigenen Stall in Ordnung gebracht hat. Sie soll sich hüten, falsche Hoffnungen zu wecken. Das ist das, was ich vorhin sagte. Lord Dahrendorf hat der Kommission vorgeworfen, daß sie ständig falsche Hoffnungen in den Bürgern der aufnahmebereiten und von uns auch zur Aufnahme vorgesehenen Staaten geweckt hat. Diese Hoffnungen dürfen wir nicht in der Form wecken, daß wir sagen, im Jahr 2002 wird es soweit sein, oder daß wir überhaupt einen Termin setzen. Frühestens 2006, meinte Dahrendorf, käme für die einzelnen Länder die Aufnahme in Betracht.

Und noch etwas: Wie kann man daran denken, ein Land wie Zypern, das geteilt ist, in dem seit 30 Jahren österreichische Soldaten stehen, ein Land wie die Türkei, welches einen Bürgerkrieg hat, überhaupt einzuladen, an dieser Konferenz hier in Wien teilzunehmen? – Demirel ist hierher gekommen und hat gesagt, er kenne kein Kurdenproblem. Herr Außenminister, da muß einem ja die Schamröte ins Gesicht steigen! Dieses Kurdenproblem ist schon ein innereuropäisches Problem geworden. Wie kann da ein Staatsmann unwidersprochen sagen, es sei kein Problem? – Das ist ein europäisches Problem, solche Probleme nicht mit Worten auszusprechen, die sie verdienen. Hier werden Staaten aufgefordert, die überhaupt keine Charakteristika aufweisen, nach Europa eintreten zu dürfen, weil ihnen jedwede demokratische Legitimation fehlt. – Übrigens wie Tschechien oder Slowenien ebenfalls! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Seien Sie vorsichtig, meine Damen und Herren, im Hoffnungmachen, nur weil Sie nicht den Mut haben, nein zu sagen – was man durchaus auch mit netten Worten sagen kann. Seien Sie vorsichtig mit den Leuten, auch mit den österreichischen Steuerzahlern! Hier spielt die Musik. Wir wollen nicht ständig ausgenommen werden für eine Regierung, die dann das Geld nach Europa abliefert für Programme, die unüberprüfbar sind. Hier wird gearbeitet. Nicht nur Sie leisten Knochenarbeit, wir leisten auch Arbeit. Wir müssen uns aus fast verborgenen Quellen darüber informieren, was sich da tut. Und dann wird versucht, einer unfähigen Kommission das Überleben zu ermöglichen, nur weil heuer die Euro-Wahlen stattfinden. So geht das nicht! Wir wollen Klarheit, wir wollen eine saubere Europäische Union, wenn wir sie schon haben müssen, aber nicht eine des Vertuschens und des Absenkens der Probleme bei Pörtschach und im Wörther


Home Seite 1 Vorherige Seite Nächste Seite