Bundesrat Stenographisches Protokoll 649. Sitzung / Seite 59

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offensive, die Österreich zu einem Land mit touristischer Zukunft machen soll. Wirtschaftlicher Erfolg, strukturelle Verbesserungen und die Interessen der Arbeitgeber sowie auch der Arbeitnehmerschaft dürfen nicht als Gegensätze, sondern müssen als gemeinsame Ziele betrachtet werden. Die Vollbeschäftigung als Grundwert der Sozialdemokratie genießt auch bei allen Überlegungen zu den Rahmenbedingungen in der Tourismuswirtschaft höchste Priorität.

Die österreichische Tourismus- und Freizeitwirtschaft hat auf internationaler Ebene eine hervorragende Stellung erreicht. In den vergangenen Jahren waren jedoch der Einfluß der internationalen Rezession auf dem Tourismussektor, aber auch einige Strukturprobleme und die Wechselkursschwankungen spürbar. Mit der Einführung des Euro ist ein wichtiger Schritt, der Stabilität in diesem Bereich bringt, vollzogen. Wir alle erinnern uns noch daran, welche negativen Auswirkungen es für unsere Exportwirtschaft, aber vor allem für unsere Tourismuswirtschaft mit sich gebracht hat, als die Italiener die Lira so stark abgewertet haben. Mit der neuen Stabi-lität durch die Einführung des Euro ist eine eindeutige Verbesserung, vor allem was die Planbar-keit in der Tourismuswirtschaft betrifft, eingetreten.

Ein weiterer wichtiger Punkt – das geht aus dem vorliegenden Bericht eindeutig hervor – muß ein Schritt in Richtung Qualitätsverbesserung sein. Unter Qualitätsverbesserung verstehe ich nicht nur die aufwendigere Ausgestaltung der Betriebe, wie zum Beispiel pompöse Holzverkleidungen oder sonstige Einrichtungen, sondern Qualität erkennt man daran, wie der Gast bei uns aufgenommen wird, was ihm geboten wird und wie sein Wohlbefinden in seinem Urlaubsort ist. Das heißt, besonders wichtig ist, daß wir unsere Mitarbeiter ständig qualifizieren und daß die Bedingungen für die Mitarbeiter verbessert werden, um in diesem Bereich einen weiteren Motivationsschub zu erreichen.

Die Tourismuswirtschaft klagt oft darüber, daß sie nicht ausreichend qualifiziertes Personal bekommt. Hier möchte ich aber deutlich festhalten, daß dies sehr häufig mit schlechten Arbeits-bedingungen und wenig Engagement für neue Ideen in den Betrieben zusammenhängt. Ich bringe Ihnen hiezu ein Beispiel.

Wir haben in Zusammenarbeit mit dem Arbeitsmarktservice Steiermark und dem Berufsförde-rungsinstitut ein Projekt entwickelt, das darauf hinausläuft, verstärkt junge Menschen für diese Branche zu gewinnen, da sich als Problem herausgestellt hat, daß jemand, der einmal in der Gastronomie tätig ist, nur schwer aus dieser Branche wieder herauskommt, da man immer wieder vermittelbar ist. Dieses Modell hatte zum Ziel, daß den jungen Menschen beim Einstieg garantiert wird, daß sie nach einer gewissen Zeit, in etwa zehn Jahren, ein Ausstiegsrecht aus dieser Branche haben. Innerhalb dieses Zeitraums wird die Möglichkeit geboten, eine Höherqualifizierung beziehungsweise auch eine Qualifikation für die Zeit danach zu erhalten.

Bei Saisonbeschäftigten könnten diese Module zwischen den Saisonen stattfinden, und bei ganzjährig Beschäftigten müßte eben ein gewisser Teil der Normalarbeitszeit für Bildung aufgewendet werden.

Das Arbeitsmarktservice hätte für dieses Modell ausreichend Mittel zur Verfügung gestellt. Als wir dann versuchten, ein Pilotprojekt zu installieren, und diesbezüglich mit der Wirtschaft in Kontakt getreten sind, mußten wir leider feststellen, daß nur wenig bis gar keine Bereitschaft vorhanden war, bei solchen neuen Modellen mitzutun. Ich bin überzeugt davon, wenn man jungen Menschen diese Möglichkeit in Aussicht stellen würde, daß damit die Attraktivität der Tourismusberufe steigen würde und es leicht wäre, Mitarbeiter zu bekommen.

Ein weiterer Kritikpunkt, den ich an der Tourismusbranche anbringen möchte, ist eine gewisse Überheblichkeit und geringe Flexibilität – etwas, was ich vor allem auch bei uns in der aufstrebenden Thermenregion feststellen kann. Nur ein kleines Beispiel: Obwohl in den Tourismusverbänden und bei verschiedensten Veranstaltungen, aber vor allem von ausländischen Gästen häufig die Anregung gekommen ist, daß zumindest die Speisekarten in den Restaurants mehrsprachig sein sollten, läßt die Umsetzung zu wünschen übrig. Für mich ist es unverständlich, daß es nicht einmal möglich ist, solche Kleinigkeiten, die aber auf unsere Gäste eine positive Wirkung hätten, umzusetzen.


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