Bundesrat Stenographisches Protokoll 649. Sitzung / Seite 141

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haben. Das ist ein noch viel wichtigeres Signal als die Tatsache, daß die Gesamtkriminalität zurückgegangen ist.

Ich glaube, daß wir deshalb sehr positiv in die Zukunft schauen dürfen, daß das aber kein Anlaß ist, sich zurückzulehnen und zu sagen: Die Entwicklung in Österreich ist eine positive, und aufgrund dieser positiven Entwicklung können wir uns beruhigt zurücklehnen. – Gerade die Entwicklung an unseren Grenzen, aber auch die Entwicklung in den Nachbarstaaten zeigt, daß man da besonders wachsam sein muß.

Ich möchte nicht haben – um das klar zu sagen –, daß es in Österreich ähnliche Entwicklungen wie in unserem südlichen Nachbarland Italien gibt, wo es eine explosionsartige Zunahme der organisierten Kriminalität gibt, wo es de facto schon Straßenschlachten gibt, wo es eine Vielzahl von täglichen Attentaten und Bombenanschlägen gibt und wo erst aufgrund dieser Entwicklung die entsprechende Reaktion kommt. Es muß gerade umgekehrt sein: Es muß jetzt bereits die Reaktion kommen, damit wir in Zukunft nicht solche Ereignisse haben wie beispielsweise in Frankreich, wo es ganze Stadtviertel gibt, in die sich die französische Exekutive gar nicht mehr hineintraut und diese Stadtviertel zu verbotenen Zonen erklärt, und wenn sie hineingeht, dann nur in einem Massenaufgebot.

Diese Entwicklung zeigt aber auch, daß die Sicherheitspolitik nur dann gewährleistet wird, wenn man Sicherheit nicht nur versteht als effektive Bekämpfung von Kriminalität und Verbrechen, sondern wenn man sie auch als eine Sicherheitspolitik versteht, die dazu dient, hohe soziale Standards in einem Land aufzubauen, alles zu tun, um die Arbeitslosigkeit in einem Land zu verhindern, und alles zu tun, um eine möglichst hohe Beschäftigung zu haben. Sicherheit kann nur dann erfolgreich sein, wenn sie im umfassenden Sinne verstanden wird.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Natürlich gibt es auch unterschiedliche Tendenzen in der Kriminalitätsentwicklung – das ist heute auch sehr klar gesagt worden. Wir haben in manchen Bereichen eine deutliche Zunahme. Was den Bereich der organisierten Kriminalität angeht, schätzen wir, daß an die 30 Prozent aller Straftaten auf die organisierte Kriminalität zurückzuführen sind. Das ist nicht nur die Kriminalität, die uns im Wirtschaftsbereich bedroht, durch Geldwäsche und ähnliches aufgrund von mafiosen und ähnlichen Verbindungen aus den ehemaligen osteuropäischen Nachbarstaaten oder aus der ehemaligen Sowjetunion, sondern da geht es auch um organisierte Kriminalität in den zwei Bereichen, die am lukrativsten sind, nämlich im Menschenhandel und in der Drogenkriminalität.

Beim Menschenhandel ist es so, meine sehr geehrten Damen und Herren, daß wir da eine Entwicklung erleben, die wirklich besorgniserrregend ist. Nicht nur in Österreich, sondern auch in vielen anderen Staaten Europas ist festzustellen, daß die Menschen, die im Rahmen der organisierten Kriminalität Menschenhandel betreiben, diese Straftat – denn für mich ist es in der Regel eine Straftat und keine Verwaltungsübertretung! – absolut skrupellos ausführen und bei ihren Machenschaften vor keinen Mitteln zurückschrecken. Sie kennen ja die Berichte in den Medien, wonach viele Menschen, nachdem sie teures Geld dafür gezahlt hatten, damit sie aus den unterschiedlichsten Gründen aus ihrer Heimat flüchten konnten, einfach im Meer über Bord geworfen worden sind. – Diese Entwicklung ist eine, die zwar zum Glück in Österreich noch nicht in diesem Ausmaß feststellbar ist, die aber doch auch auf uns zukommen kann.

Es muß einfach eine internationale Ächtung des Menschenhandels geben. Dazu wird es vielleicht notwendig sein, wenn diese Entwicklung anhält, auch in Österreich zu einer weiteren Verschärfung der Strafbestimmungen zu kommen, wobei ich dazusagen muß, daß wir, wenn ich mich recht erinnere, bereits im März 1997 eine entsprechende Gesetzesänderung gemacht haben. Wir müssen uns aber auch dessen bewußt sein, daß es nicht nur darum geht, daß es in den Zielländern der illegalen Migration härtere Strafbestimmungen gibt, sondern vor allem auch darum – und das ist das wichtigste überhaupt –, daß in den Herkunfts ländern der illegalen Migration der Menschenhandel überhaupt einmal unter Strafe gestellt wird. Das ist nämlich derzeit in vielen Herkunftsländern gar nicht der Fall!


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