Bundesrat Stenographisches Protokoll 650. Sitzung / Seite 125

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Aber auch Herr Bundesminister Bartenstein hat gemeint, daß die Umsetzung seines Vorschlages nur 800 Millionen Schilling kosten würde beziehungsweise dafür ein solcher Aufwand notwendig wäre.

Er hat uns aber nicht gesagt – vielleicht hat er es vergessen; ich will Ihnen, Herr Bundesminister, nicht unterstellen, daß Sie uns bewußt Ihre Berechnung nicht mitgeteilt haben –, wie viele Familien aufgrund seines Modells zusätzlich ein Karenzgeld bekommen würden und ob in den 800 Millionen Schilling auch die Krankenversicherung und die Pensionsversicherung mitenthalten sind. Nach unseren Berechnungen kommen wir, wenn wir davon ausgehen, daß ungefähr 10 000 zusätzliche Karenzgeldbezüge ausbezahlt würden und daß die 5 600 S bei der Berechnung noch Gültigkeit haben, inklusive der Pensionsversicherung und der Krankenversicherung auf zirka 1,8 Milliarden bis 2 Milliarden Schilling. Aber vielleicht können Sie uns bei einer nachfolgenden Wortmeldung Ihrerseits dann Ihre Berechnung und Ihre Zahlen bekanntgeben.

Ich glaube, daß es auch notwendig ist, daß man einmal kurz darstellt, von wem und aus welchen Mitteln der FLAF finanziert wird.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich sage das jetzt leidenschaftslos: zumindest zu 70 Prozent von den Betrieben durch 4,5 Prozent der Lohnsumme, die die Arbeitgeber abführen. Zu dieser Möglichkeit ist es gekommen, weil die Arbeitnehmer in den fünfziger Jahren bereit waren, auf Lohn zu verzichten, und daran hat sich bis heute nichts geändert. Ich muß ganz ehrlich sagen: Wenn man schon ein Karenzgeld für alle haben will – ich kann mir das politisch ohne weiteres vorstellen –, dann muß man andere Finanzierungsmethoden wählen oder -vorschläge einbringen. Ich kann mir beispielsweise vorstellen – ich möchte das gar nicht von der Hand weisen –, daß man eine Finanzierung aus dem Budget oder durch die Einführung einer Wertschöpfungsabgabe vorsieht. Die Arbeitnehmer und die Wirtschaft wären froh, wenn man die Lohnnebenkosten um diese 4,5 Prozent entlasten könnte.

Sie, Herr Bundesminister Bartenstein, haben etwas süffisant – ich habe es so empfunden; ich gebe zu, daß ich ein bisserl sensibel bin –, auf die deutsche Wochenzeitschrift "Die Zeit" hingewiesen und wollten damit der Sozialdemokratie eine "leichte Dachtel" geben, wie man es bei uns zu Hause so schön sagt. Ich glaube, daß Sie gar nicht so weit zu schauen brauchen. Sie sollten sich heute einmal die APA zur Hand nehmen. Darin merkt ein Ihnen sicherlich nicht unbekannter Redakteur oder Herausgeber vom "WirtschaftsBlatt" oder beides, nämlich Jens Tschebull, folgendes an – ich zitiere einen Absatz –:

"Karenzgeld ist daher eine in sich widersprüchliche Wertschöpfung des Vorsorgestaates, die je nach Lust und Laune als Müttergehalt, als Fürsorgezahlung oder Versicherungsleistung interpretiert wird. Praktisch ist es ein vom Sozialstaat bezahlter teilweiser Ersatz für den durch die Karenz, den Lohnverzicht, entstandenen Verdienstentgang während der Babypause. Deshalb ist die Gewerkschaftsstellungnahme gegen das Karenzgeld für alle eines der wenigen logischen Argumente, nur wer einen Lohnausfall durch Karenz erleidet, kann einen Ersatz dafür auch bekommen." – Zitat Ende.

Man kann mir, einem Sozialdemokraten, mit Sicherheit nicht unterstellen, daß Herr Tschebull ein Mitglied der österreichischen Gewerkschaftsbewegung oder sogar Mitglied der Sozialdemokratischen Partei ist.

Es wurde heute auch viel argumentiert im Zusammenhang mit Fragen wie: Müssen Frauen arbeiten gehen? Gehen sie gerne arbeiten? Wollen sie arbeiten gehen? – Ich erlaube mir dazu nur einen Hinweis: Wir haben in Österreich derzeit rund 3 050 000 Beschäftigte – die Frau Bundesministerin wird mich korrigieren, wenn ich mich um 10 000 oder 20 000 Personen geirrt habe –, und von diesen Beschäftigten sind über 43 Prozent Frauen. Wenn wir uns die Altersstruktur ansehen, dann können wir feststellen – das wissen wir auch aus der Arbeitslosenstatistik –, daß Frauen ab dem 40. Lebensjahr fast überhaupt keine Chance mehr haben, einen neuen Arbeitsplatz zu finden, und schwerwiegende Einschränkungen hinnehmen müssen, um einen Arbeitsplatz behalten zu können.


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