Bundesrat Stenographisches Protokoll 652. Sitzung / Seite 8

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Die zweite Argumentationsschiene war: In Österreich muß der Konsument höhere Nettobenzinpreise zahlen, die zum Schluß auch höhere Bruttopreise sind, weil in Österreich den Tankstellen in der Frage des Sortiments und der Ladenöffnungszeiten nicht jene Möglichkeiten eingeräumt werden wie zum Beispiel in Deutschland – also keine großen Shops, keinen Tabakwarenvertrieb, keine Öffnungszeiten ohne Limits. Das wurde immer mit 15 Groschen bewertet.

Ich darf ganz deutlich dazu sagen: Die Frage der Nebenrechte bei Tankstellen kann bei "Majors", bei den großen Unternehmen – von der OMV bis zu den Multis – nicht die Antwort darauf sein. Ich verstehe das im Zusammenhang mit kleinen Unternehmen: Bei einem Gastwirt und Landproduktenhändler, der aus einem Mix von Tankstelle, seinem Geschäft und einem kleinen Gasthaus lebt, hat ein Nebenrecht einen Sinn. Wenn aber riesige Tankstellen, die von ihrem Umsatz leben sollten, a priori darauf verweisen, daß sie noch Zusatzerträge aus dem Tabakverkauf, dem Lebensmittelverkauf haben sollten, dann können die Nahversorger gleich zusperren, wenn wir das umsetzen.

Ich habe daher gesagt: Wenn die "Majors" selbst auch im Lebensmittelhandel groß arbeiten wollen, dann haben sie um eine normale Lebensmittelhandelsberechtigung anzusuchen, um eine normale Gewerbeberechtigung. Dann sollen sie einen riesigen Markt hinstellen, und die Sache geht in Ordnung. Aber über den Titel "Nebenrechte" kann das nicht gehen.

In diesem Punkt sind wir ein wenig "zusammengekracht", und ich habe gesagt: Im Notfall akzeptieren wir auch diese 15 Groschen Preisdifferenz, weil wir nicht haben wollen, daß ihr Gemischtwarenhändler werdet.

Aber dann ist es noch dicker gekommen, denn es hat geheißen: Wir haben weitere 15 Groschen Mehrkosten, weil es in Österreich Kleine gibt, die vielleicht nicht nach denselben harten Vorschriften behandelt werden.

Wir haben jetzt an die Länder den Auftrag gegeben, das tatsächlich zu erheben. Aber es können nicht alle Tankstellen die gleiche Größe und daher auch gleich hohe Auflagen haben; breite Zufahrt, Abscheider, eigene Kläranlage und ähnliche Dinge. – Das sind die nächsten 15 Groschen.

Weiters gibt es einen zwischen 30 und 35 Groschen großen Kostenblock, hinsichtlich dessen gesagt wird: Um das müssen wir mehr verlangen, weil wir in Österreich zu viele Tankstellen haben! – Zu viele Tankstellen der großen "Majors", wohlgemerkt!

Im Vorverfahren habe ich in diesem Zusammenhang die Position vertreten: Liebe Freunde, sollen wir warten, bis ihr mit eurem Unfug aufhört, mit dem Unfug, daß dann, wenn einer eine Tankstelle baut, alle anderen "Majors" gleich rundherum stehen? Sollen wir so lange warten, bis ihr das macht, und bis dahin tut sich nichts? – Damit begann der Disput.

Ich habe in einer Sitzung gesagt: Ich kann mir nicht vorstellen, daß irgend jemand in Österreich das akzeptiert. Bereinigt eure Strukturen – das müssen andere Wirtschaftssektoren auch tun –, geht vorher mit den Preisen herunter, um euch selbst unter Druck zu setzen! – Das war der Stand.

Es gab dann über Antrag der Bundesarbeitskammer ein formell eingeleitetes Vorprüfungsverfahren für eine allfällige Preisregelung. Ich erinnere an den berühmten § 5, wonach man aufgrund eines solchen Verfahrens nur dann Preise regeln kann, wenn marktkonforme Maßnahmen nicht zur Verfügung stehen oder greifen.

Der Gutachter Puwein hat in seinem Gutachten über die österreichische Mineralölwirtschaft festgehalten, daß die größten Wettbewerbsdefizite in Österreich aus manchen Besonderheiten resultieren, die in anderen Ländern zu einem extremen Wettbewerb führen.

Ein Beispiel: Er hat nachgewiesen, daß in Frankreich und England die Preissetzer für Treibstoffe nicht die traditionellen Organisationen sind, sondern die riesigen Supermärkte, die alle automatisch als Sortimentsergänzung und zur Werbung eine Tankstelle haben. Das hat auch in


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