Bundesrat Stenographisches Protokoll 652. Sitzung / Seite 52

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zu müssen – oder man hätte ihn sofort führen müssen, sofort! (Beifall bei den Freiheitlichen sowie Beifall des Bundesrates Gerstl. )

Vor einem Jahr wäre das möglich gewesen, da war alles schon darauf ausgerichtet: schnelle antiseptische Schläge, aber dann hat man so getan, als wäre nichts gewesen, und die Serben konnten Albaner weiter ermorden und natürlich auch Albaner Serben. Es ist ein trauriges Spiel, das wir geboten bekamen. Die UNO und die EU konnten sich zu nichts durchringen, aber jetzt hat man sich durchgerungen, und ich meine, wir haben geschichtlich den falschen Entschluß vorgeführt bekommen.

Das Bombardieren von Unwilligen, völkerrechtsmäßig nicht gedeckt, kann nicht die Aufgabe eines sogenannten Verteidigungsbündnisses sein, und ich hoffe, daß die Satzungen der NATO-Neu nicht dahin gehend geändert werden, daß man auch Eingriffe außerhalb des Paktsystems im Rahmen sogenannter friedenserhaltender Maßnahmen vornehmen kann, welche in Wirklichkeit, wie Professor Rotter gesagt hat, eine Kriegserklärung sind.

Kriegserklärungen heute am Ende des 20. Jahrhunderts, an dem man nicht weiß, wo der Krieg aufhört, wie er aufhört und wen er noch allen trifft, halte ich für einen Akt inhumaner Gestaltung. Ich danke dem Herrn Innenminister, daß er uns versichert hat, daß die verschiedenen Möglichkeiten innerhalb Österreichs, Flüchtlingsströme aufzufangen, gegeben sind. Ich weiß, daß das österreichische Bundesheer mithelfen wird, die Grenzsicherung vorzunehmen, aber ich rege ein weiteres Mal an, Herr Bundesminister: Nehmen wir die Grenzsicherung, den Assistenzeinsatz in das Wehrgesetz § 2 Abs. 1 auf, damit wir nicht alle sechs Monate ein Verfassungsgesetz beschließen müssen, um den Assistenzeinsatz leisten zu können! Das ist ein Mißbrauch des Wortes "Assistenz", denn es handelt sich hier um einen Dauerzustand des Bundesheeres. Und dann, Herr Bundesminister, würden Sie wahrscheinlich auch manche Geldmittel, die derzeit der Herr Innenminister für seinen Ausbau bekommt, selbst zur Verfügung gestellt bekommen.

Ich möchte hier nicht die Rivalität zwischen den beiden Herren aufbauen, Tatsache ist aber, daß das Bundesheer, sollte der Grenzeinsatz einmal nicht mehr nötig sein – ich hoffe, daß er sehr bald nicht mehr nötig ist, aber das ist ein frommer Wunsch von mir –, dann die Möglichkeit hat, Kapazitäten, die es bislang in diesem Bereich eingesetzt hat, anderweitig einzusetzen. Aber wohin dann mit Ihren aufgebauten Kapazitäten für Grenzschutzgendarmen? – Das ist für mich die Frage, wie wir dann sparsam mit den Mitteln umgehen können.

Herr Bundesminister! Nehmen Sie doch bitte einmal den Grenzschutz in das Wehrgesetz § 2 Abs. 1 auf, damit das seine Ordnung hat. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

15.24

Vizepräsident Jürgen Weiss: Nächster Redner ist Herr Bundesrat Dr. Vincenz Liechtenstein. Ich erteile ihm das Wort.

15.24

Bundesrat Dr. Vincenz Liechtenstein (ÖVP, Steiermark): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Minister Fasslabend! Sehr geehrter Herr Minister Schlögl! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die Tragödie auf dem Kosovo, einem Herzen unseres Kontinents, ist von der Krise zum Krieg geworden und erweist sich jetzt schon als ein historisches Lehrstück. Sie zeigt, daß mit Diktatoren nicht zu verhandeln ist, weil Gewalttäter selbst nur die Sprache der Gewalt verstehen. Es zeigt sich aber auch, daß es in der Geschichte kein "Nie wieder!" gibt, wie diejenigen gemeint haben, die glaubten, Krieg sei in Europa unmöglich geworden. Sie zeigt ferner, daß niemand von dem unberührt bleibt, was in seiner Nachbarschaft geschieht, und die Nachbarschaft ist im High-Tech-Zeitalter schon fast die ganze Welt.

Deshalb hat es sich die NATO zur Aufgabe gemacht – ich sehe es so –, eine humanitäre Katastrophe auf dem Amselfeld zu verhindern. Die Katastrophe hat allerdings angesichts ungezählter Toter und ungezählter Vertriebener, die hungernd und frierend umherirrten, längst begonnen. Deshalb zeigt uns das Lehrstück auch, daß übergroße Geduld nicht immer eine Tugend ist.


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