Bundesrat Stenographisches Protokoll 653. Sitzung / Seite 110

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neuen EU-Wahl mit Mühe und Not mit einem Kampfmandat bedacht wurde. (Beifall bei den Freiheitlichen. – Bundesrat Meier: Das ist der Postenschacher!) – Daß der sechste Platz auf Ihrer Liste ein Kampfmandat werden wird, dafür werden wir schon sorgen, meine Damen und Herren! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Der Bericht des Weisenrates ist auch deshalb eine Sensation, weil er als parteipolitisch unabhängiges Organ das System der EU grundlegend aufgedeckt hat. Er hat die Tatsache bekanntgemacht, daß die Kommission die Kontrolle über ihre Verwaltung längst verloren hat. Wenn wir Freiheitlichen diesen Kontrollverlust und den damit entstandenen Milliardenschaden für die Bürger Europas in den vergangenen Jahren angeprangert haben, meine Damen und Herren der Koalitionsparteien, dann haben Sie dies regelmäßig nur lächerlich gemacht. Es wird jetzt aber nicht mehr genügen, nur einige Personen auszuwechseln, sondern es wird darum gehen müssen, die Struktur dieser EU-grundlegend zu verändern, nämlich hin zu mehr Mitspracherecht der Bürger. Wie sich das allerdings die Regierungsparteien vorstellen, meine Damen und Herren, das sieht man neben vielen anderen Bereichen an der Postenvergabe auf nationaler und europäischer Ebene.

Der zurückgetretene österreichische EU-Kommissar Fischler offenbarte in der ORF-"Pressestunde" ungeniert und völlig selbstverständlich, daß der SPÖ-Bundeskanzler mit ihm einen Deal ausgepackelt habe. (Bundesrat Eisl: Unglaublich!) Er könne nur dann wieder Kommissar werden, wenn die SPÖ den Posten des Botschafters in Brüssel erhalte, der jetzt von einem ÖVPler besetzt wird. (Bundesrat Mag. Gudenus: Das ist eine Zumutung!)

Meine Damen und Herren! Da offenbart sich einmal mehr eine Geisteshaltung, für die Sie sich schämen sollten! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Nicht der beste Mann soll nach Brüssel, um dort Österreich zu vertreten, sondern der richtige Parteibuchträger. Meine Damen und Herren! Mit dieser Kritik stehen wir nicht alleine da. Wir haben dabei eine ganz berühmte Unterstützung. Unter anderem hat vor kurzem der Altvizekanzler und Bundesparteiobmann der ÖVP Erhard Busek in einem Interview in einer Tageszeitung davon gesprochen, daß diese blöde österreichische Postenschacherei auf europäischer Ebene für uns wirklich eine Blamage sei. – Eine Meinung, die der Herr Vizekanzler sicherlich nicht alleine hat, und eine Meinung, die er sich während jahrelanger Praxis in der Regierung gebildet hat. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Meine Damen und Herren! Vor einem Jahr haben wir Freiheitlichen auch an Sie, Herr Staatssekretär, als Vertreter des Herrn Bundeskanzlers hier im Bundesrat, also auf nationaler Ebene, eine dringliche Anfrage zu diesem Thema eingebracht. Durch den damals zuvor stattgefundenen tragischen Tod des Kontrollbank-Vorstanddirektors Gerhard Praschak ist offengelegt worden, mit welcher menschenverachtenden Rücksichtslosigkeit die Koalitionsparteien nach wie vor Proporz und Postenschacher betreiben. Aufgeschreckt durch den Nachlaß des Gerhard Praschak, der eine der übelsten Regierungsmachenschaften zugunsten des damals von Ihnen abgehalfterten Ministers Rudolf Scholten beleuchtete, versuchte der Bundeskanzler, mit einem sogenannten Maßnahmenpaket die Flucht nach vorne anzutreten. Sie hatten sogar die Stirn, ein diesbezügliches Gesetz zu beschließen.

Meine Damen und Herren! Seit diesem Zeitpunkt wurde geradezu als Verhöhnung dessen auf allen Ebenen und jetzt zur Krönung dieser ganzen Vorgangsweise auch noch auf europäischer Ebene sowohl in der öffentlichen Verwaltung als auch in öffentlichen Unternehmungen weiterhin nach parteipolitischen Präferenzen besetzt. Meine Damen und Herren! Wir Freiheitlichen haben dies immer bekämpft. Der Klärung der Frage, ob Sie es mit den von Ihnen beschlossenen Gesetzen auf nationaler Ebene und Ihren öffentlichen Bekundungen auf europäischer Ebene ernst meinen, dient diese heutige dringliche Anfrage. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

16.11

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Zur Beantwortung hat sich Herr Staatssekretär Dr. Wittmann zu Wort gemeldet. – Bitte.


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