Bundesrat Stenographisches Protokoll 654. Sitzung / Seite 14

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Präsident Gottfried Jaud: Wir gelangen nunmehr zur 4. Anfrage, 1044/M, an den Herrn Bundesminister für auswärtige Angelegenheiten. Ich bitte den Anfragesteller, Herrn Bundesrat Dr. Vincenz Liechtenstein, um die Verlesung der Anfrage.

Bundesrat Dr. Vincenz Liechtenstein (ÖVP, Steiermark): Herr Bundesminister! Meine Frage lautet:

1044/M-BR/99

Welche wesentlichen Fortschritte bringt das Inkrafttreten des Amsterdamer Vertrages für die Gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik der Europäischen Union?

Präsident Gottfried Jaud: Bitte, Herr Bundesminister.

Bundesminister für auswärtige Angelegenheiten Vizekanzler Dr. Wolfgang Schüssel: Herr Bundesrat! Ich darf das in Schlagworten beantworten, weil, so glaube ich, allen gut bekannt ist, was hier gemeint ist.

Das erste ist einmal: Zum ersten Mal soll ein sichtbarer Vertreter – der sogenannte Hohe Vertreter der Gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik – benannt werden. Das sollte eine Persönlichkeit mit einem starken politischen Profil sein, und wir haben gehofft, daß man eigentlich jetzt schon über konkrete Namen reden kann. Das ist leider noch nicht der Fall, aber wir hoffen, daß in Köln ein solcher Beschluß gefaßt wird.

Ein zweiter Beschluß sind die gemeinsamen Strategien. Wir haben in Wien den Beschluß gefaßt – aufgrund dieses Amsterdam-Vertrages –, als erste Strategie eine Rußland-Strategie vorzunehmen; diese ist im Moment in Arbeit.

Der dritte Bereich, der mit Sicherheit gerade jetzt besondere Aktualität hat, ist das Balkan-Konzept der Europäischen Union. Da gibt es erste Entwürfe, da haben auch die Österreicher schon massiv in unserer Präsidentschaft mitgearbeitet.

Vierter Punkt: Es soll innerhalb des Rates – das Ratssekretariat unterstützt den Ministerrat der Union besonders stark und nachhaltig – zum ersten Mal eine eigene Strategie- und Planungseinheit, eine Task-Force, zum Einsatz kommen, die nachdenkt, was kann theoretisch an Problemen auf uns zukommen – damit man dann nicht von dem überrascht wird, was gerade irgendwo an Schwierigkeiten da ist. Diese Planungseinheit soll möglichst rasch eingesetzt werden.

Dann kommen eben, wie schon erwähnt, die sogenannten Petersberg-Aufgaben dazu, ganz konkrete Aktionsmöglichkeiten der Union. Das war bei uns verfassungsrechtlich nicht ganz einfach. Viele wissen, daß wir dazu unsere Bundesverfassung ändern mußten: Wir haben einen Artikel 23f neu eingeführt, der ganz bewußt unser Neutralitätsgesetz einschränkt und unseren Handlungsspielraum erweitert.

Das andere ist operational auch noch interessant, denn durch den Amsterdam-Vertrag kann erstmals die Westeuropäische Union sozusagen einen Verteidigungsarm – wie immer Sie es nennen wollen – in Anspruch nehmen, und es ist klar, daß am Ende eines solchen Prozesses auch eine gemeinsame Verteidigungspolitik der Union entstehen kann.

All dies enthält in Ansätzen der Amsterdam-Vertrag, aber natürlich bedarf die Durchführung weiterer Willensbildungen und konkreter Beschlüsse.

Präsident Gottfried Jaud: Wird eine Zusatzfrage gewünscht? – Bitte.

Bundesrat Dr. Vincenz Liechtenstein (ÖVP, Steiermark): Welche Rolle hat der Hohe Vertreter?

Präsident Gottfried Jaud: Bitte, Herr Bundesminister.


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