Bundesrat Stenographisches Protokoll 654. Sitzung / Seite 23

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Parlaments, die kein Veto gegen die EU-Erweiterung, kein Junktim mit den EU-Erweiterungsverhandlungen vorsieht, sondern ein Thematisieren im Geiste der Versöhnung.

Ich meine, daß das ein Weg ist, den wir Österreicher, den aber auch die Tschechen gehen könnten.

Präsident Gottfried Jaud: Zu einer weiteren Zusatzfrage hat sich Herr Bundesrat Ing. Franz Gruber zu Wort gemeldet. Ich bitte um die Zusatzfrage.

Bundesrat Ing. Franz Gruber (ÖVP, Kärnten): Sehr geehrter Herr Bundesminister! Welche Anzeichen sehen Sie, Herr Minister, für den von Ihnen angesprochenen Umdenkprozeß in der tschechischen Republik?

Präsident Gottfried Jaud: Bitte, Herr Bundesminister.

Bundesminister für auswärtige Angelegenheiten Vizekanzler Dr. Wolfgang Schüssel: Stellungnahmen von höchsten Repräsentanten, vom Staatspräsidenten Havel, die geänderte Rechtsprechung des tschechischen Verfassungsgerichtes. Aber ich muß auch dazusagen, daß es natürlich nicht nur positive Sachen gibt. In der Slowakei, die zum ehemaligen Staatsgebiet der Tschechoslowakei dazugehörte, haben wir zwar vor wenigen Wochen ein sehr gutes Gespräch mit dem Parlamentspräsidium geführt, das uns da sehr weit entgegengekommen ist und bereit war, über dieses Thema zu reden, wir wissen aber andererseits, daß es in der Koalitionsvereinbarung dieser Koalitionsregierung einen Passus gibt, der da lautet, daß über diese Fragen in dieser Koalitions-Legislaturperiode überhaupt nicht geredet werden darf.

Es gibt also immer noch eine Tabuzone, und ich meine daher, daß es ganz wichtig wäre, daß wir auf allen Ebenen, vor allem auf bilateraler und auf politischer Ebene, beispielsweise auf Ministerebene, aber auch auf Ebene der Parlamentarier der beiden Kammern, eine Art Versöhnungsgeist einleiten, der letztlich zu einem positiven Weg der Geschichtsbewältigung führen kann.

Präsident Gottfried Jaud: Zu einer weiteren Zusatzfrage hat sich Herr Bundesrat Albrecht Konecny gemeldet. Ich bitte, die Zusatzfrage zu stellen.

Bundesrat Albrecht Konecny (SPÖ, Wien): Herr Bundesminister! Sie haben zu Recht darauf hingewiesen, daß es sich da vor allem um etwas handelt, was sich in der innerstaatlichen Diskussion in jedem der angesprochenen Länder entwickeln muß.

Die Frage, die ich Ihnen stellen möchte, lautet: Welche nichtpolitischen Impulse, wissenschaftlichen Impulse – das Wort "Kultur" ist in diesem Zusammenhang vielleicht nicht angemessen, aber Sie wissen, was ich damit zum Ausdruck bringen will –, also welche Impulse können wir, kann Österreich geben, um diese Diskussion dort, wo sie nicht geführt wird, in Gang zu bringen, und dort, wo sie geführt wird, zu verstärken?

Präsident Gottfried Jaud: Bitte, Herr Bundesminister.

Bundesminister für auswärtige Angelegenheiten Vizekanzler Dr. Wolfgang Schüssel: Es gibt sehr viele, Herr Bundesrat, in der sogenannten Civic Society. Zu nennen wären da beispielsweise die Vertriebenenverbände, mit denen ich – und auch viele von Ihnen, wie ich weiß – regelmäßig Kontakt habe. Diese bemühen sich, genau in diesem Geist regional sehr viel zu machen, indem sie Austauschtreffen in Mähren, in Südböhmen, in der Slowakei haben und auch auf slowenischer Seite so etwas beginnen. Wir versuchen, da auch mit Förderungen zu helfen. Wir versuchen, unsere Heimatvertriebenenverbände von seiten der Bundesregierung zu unterstützen, und zwar mit nicht unbeträchtlichen Förderungen. So sind zum Beispiel 10 Millionen Schilling für das Haus der Heimat vorgesehen. Das Ganze soll nicht nur eine Förderung von irgend etwas sein, sondern soll eigentlich auch der Geschichtsbewahrung, dem Bewahren der kollektiven Erinnerung dienen, und es soll durchaus ein Weg sein, daß man andere herholen und sagen kann: So war es, so sah die Situation aus!


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