Bundesrat Stenographisches Protokoll 654. Sitzung / Seite 31

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1040/M-BR/99

Wie beurteilen Sie die humanitären Leistungen Österreichs in der Kosovo-Krise im internationalen Vergleich?

Präsident Gottfried Jaud: Bitte, Herr Bundesminister.

Bundesminister für auswärtige Angelegenheiten Vizekanzler Dr. Wolfgang Schüssel: Frau Bundesrätin! Ich habe nicht genau gewußt, wann das Thema kommen wird, und ich kann nur wiederholen: Wir sind im internationalen Schnitt – pro Kopf sowieso, aber auch in absoluten Summen, was Bürger gesammelt haben und was auch die Regierung selbst noch aus Steuerzahlergeld beigesteuert hat – absolute Spitze. Ich sage das nicht mit einem Gefühl der Freude oder des Triumphs, sondern ich finde das eigentlich selbstverständlich, denn uns ist auch geholfen worden, als es uns schlecht ging. Es zeigt auch, daß die österreichische Bevölkerung wirklich solidarisch mitfühlt und mitlebt.

Wir dürften jetzt zwischen 400 Millionen und 500 Millionen Schilling an privaten Spenden gesammelt haben, und die Bundesregierung hat etwa 500 Millionen Schilling aus Steuerzahlergeld beigestellt. Das heißt, insgesamt wurde innerhalb von weniger als drei Wochen 1 Milliarde Schilling zur Verfügung gestellt – das ist gewaltig! –, und dafür möchte ich allen Spendern und allen Steuerzahlern ein sehr herzliches Dankeschön sagen.

Der zweite Punkt ist, daß die Österreicher eigentlich ein sehr beachtliches Tempo hingelegt haben. Ich war selbst, wie schon erwähnt, in Albanien und habe mir das Österreich-Camp angesehen. Es steht fix und fertig und weist einen Standard auf, der wirklich beeindruckend ist. Neben dem Österreich-Camp haben etwa Malteser eines anderen Landes, die den Grund schon vor uns hatten, mit dem Bau von Zelten begonnen – auch schon vor uns –, aber es steht noch kein einziges Zelt.

Das österreichische Bundesheer hat – das möchte ich hier auch einmal mit großer Freude und auch mit großem Stolz sagen – in weniger als zweieinhalb Wochen ein fix und fertiges Flüchtlingscamp mit einer Kläranlage, mit Duschen, mit einem Feldspital und mit täglich drei warmen Mahlzeiten auf die Beine gestellt. Das gibt es sonst in ganz Albanien und in ganz Mazedonien nicht. An dieser Stelle möchte ich daher wirklich dem Bundesheer danken, aber auch dem Roten Kreuz und allen NGOs, die dort mitarbeiten. (Allgemeiner Beifall.)

Wie schon erwähnt: Wir werden das jetzt ausweiten. Ich glaube nicht, daß man nur das Österreich-Camp allein sehen kann – man soll es ausdehnen auf etwa 7 000, 8 000 Flüchtlinge, die dort sind. In Shkodra – ein paar hundert Meter vom Camp entfernt beginnt diese Stadt mit 100 000 Menschen – sind noch einmal 30 000 Flüchtlinge, die zum Teil elendiglich untergebracht sind. Die Caritas hat es übernommen, diese Flüchtlinge in das Netzwerk miteinzubeziehen.

10 Kilometer von diesem Österreich-Lager entfernt liegt die montenegrinische Grenze, wo noch immer jede Nacht Dörfer brennen oder auch Luftangriffe geflogen werden. Man muß jetzt schon – das haben wir auch schon angeordnet – über den Wiederaufbau des Kosovo und auch der albanischen Dörfer in Montenegro nachdenken. Wir planen also jetzt schon für den Tag danach. Ich meine, das ist auch sehr wichtig.

Präsident Gottfried Jaud: Wird eine Zusatzfrage gewünscht? – Bitte.

Bundesrätin Hedda Kainz (SPÖ, Oberösterreich): Herr Bundesminister! Was ist aus Ihrer Sicht – Sie haben Ihren Albanienbesuch erwähnt – die nächste unabdingbare Maßnahme, die gesetzt werden muß, um diese positive Bilanz für Österreich weiterführen zu können?

Präsident Gottfried Jaud: Bitte, Herr Bundesminister.

Bundesminister für auswärtige Angelegenheiten Vizekanzler Dr. Wolfgang Schüssel: Ich glaube, für Albanien ist es sehr wichtig, daß man versucht, die albanische Regierung, die eines der ärmsten Länder Europas regiert, nicht hängenzulassen, da allein in Albanien im Moment


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