Bundesrat Stenographisches Protokoll 654. Sitzung / Seite 38

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Beschluß gefaßt wird, ist keine neue Ratifizierung, also keine Vertragsänderung, notwendig, sondern eigentlich nur ein Beschluß des Rates. Theoretisch würde sogar ein Beschluß des Allgemeinen Rates genügen, aber vermutlich wird man einen Beschluß des höchsten Gremiums, nämlich des Europäischen Rates, vorziehen.

Wir haben auch im Lichte dieser Bestimmungen hier berichtet, sowohl im Bundesrat als auch im Nationalrat. Jeder, der an der Ratifizierung des Amsterdamer Vertrages mitgewirkt hat, weiß, daß Österreich an einer möglichen Verschmelzung der EU mit der WEU mitwirken würde und daß das nicht im Gegensatz zu unserer Neutralität steht. Im Gegenteil: Es ist wichtig, denn andernfalls wird es nie zu einer gemeinsamen europäischen Außen-, Sicherheits- und Verteidigungsdimension kommen – das muß man ehrlich sagen!

Präsident Gottfried Jaud: Wir kommen nun zur 15. Anfrage, Nummer 1049/M, an den Herrn Bundesminister für auswärtige Angelegenheiten. Ich bitte Herrn Bundesrat Dipl.-Ing. Hannes Missethon um die Verlesung der Anfrage.

Bundesrat Dipl.-Ing. Hannes Missethon (ÖVP, Steiermark): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine Frage lautet:

1049/M-BR/99

Welche wichtigen institutionellen Neuerungen bringt der Amsterdamer Vertrag?

Präsident Gottfried Jaud: Bitte, Herr Bundesminister.

Bundesminister für auswärtige Angelegenheiten Vizekanzler Dr. Wolfgang Schüssel: Der Amsterdamer Vertrag bringt den Hohen Vertreter der Außenpolitik, er bringt die gemeinsamen Strategien, er bringt die Perspektive der künftigen Integration der WEU in die EU – wobei ich hinzufügen muß, daß das vorhin vielleicht ein bißchen unscharf formuliert wurde: Dafür muß keine Vertragsänderung mehr gemacht werden, es genügt ein Beschluß des Europäischen Rates, dieser Beschluß aber muß danach national auch auf der Ebene der nationalen Gesetzgebung sozusagen beschlossen werden. Das ist klar! Nur eine Vertragsänderung ist nicht erforderlich.

Dazu kommen eben jene gemeinsamen Strategien und ähnliche Dinge, die wir, so glaube ich, im Laufe dieser zwei Fragestunden bereits ausführlich besprochen haben.

Präsident Gottfried Jaud: Wird eine Zusatzfrage gewünscht? – Bitte.

Bundesrat Dipl.-Ing. Hannes Missethon (ÖVP, Steiermark): Welche institutionellen Reformen sind darüber hinaus angezeigt, um eine seit dem Rücktritt der Europäischen Kommission im Raum stehende institutionelle Krise der Union abzuwehren?

Präsident Gottfried Jaud: Bitte, Herr Bundesminister.

Bundesminister für auswärtige Angelegenheiten Vizekanzler Dr. Wolfgang Schüssel: Wir haben im Moment eine sehr ungewöhnliche Situation: Wir nehmen eigentlich die Bestellung der neuen Kommission vorweg! Prodi ist gerade vom Europäischen Parlament mit Vierfünftelmehrheit der Zahl der Anwesenden – was nicht immer identisch ist mit der Zahl der Abgeordneten – bestätigt worden. Damit hat er nun aufgrund des Amsterdam-Vertrages das Mandat, sich mit den Mitgliedsländern ins Benehmen zu setzen, um eine gute Kommission zusammenzustellen.

Der Zeitplan sieht also so aus, daß man nach den Wahlen zum Europäischen Parlament am 13. Juni sehr schnell die nationalen Kandidaten nominieren muß, und danach wird es Schlag auf Schlag gehen. Wir hoffen sehr, daß die Zusammensetzung der Kommission möglichst Anfang oder Mitte September feststeht, damit wir wieder eine handlungsfähige, schlagkräftige Kommission haben. Denn wir brauchen sie: Denken Sie nur an die Handelsprobleme mit den Vereinigten Staaten, denken Sie an die humanitäre Katastrophe am Balkan, an die Wiederaufbaukonferenz! – Wir brauchen eine handlungsfähige Kommission, und gerade kleine Länder müssen sehr daran interessiert sein.


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