Bundesrat Stenographisches Protokoll 654. Sitzung / Seite 39

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Dann muß das neue unabhängige Betrugsbekämpfungsbüro OLAF sehr schnell zu arbeiten beginnen, und auch die interne Reform der Kommission sollte Prodi sehr rasch vorwärtsbringen. – Das wären, glaube ich, jene Punkte, die aus unserer Sicht entscheidend sind.

Präsident Gottfried Jaud: Zu einer weiteren Zusatzfrage hat sich Herr Mag. Walter Scherb gemeldet. – Bitte.

Bundesrat Mag. Walter Scherb (Freiheitliche, Oberösterreich): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundesminister! Zeigt das unterzeichnete Subsidiaritätsprotokoll schon konkrete Auswirkungen im Hinblick auf die Kompetenzverlagerung weg von der EU-Ebene hin zu den einzelnen Staaten, Ländern und Gemeinden?

Präsident Gottfried Jaud: Bitte, Herr Bundesminister.

Bundesminister für auswärtige Angelegenheiten Vizekanzler Dr. Wolfgang Schüssel: Noch nicht im unmittelbaren Sinn, da sich jeder auf die akuten Dinge, nämlich die Ratifizierung des Amsterdamer Vertrages, konzentriert hat und daher viele Punkte natürlich noch nicht ihre volle Wirkung entfaltet haben. Der Vertrag gilt seit 1. Mai dieses Jahres. Die Kommission hat zwar einige erfreuliche Schritte zur vorzeitigen Anwendung des Subsidiaritätsprotokolls gemacht, aufgrund ihres Rücktrittes und ihrer dadurch quasi verringerten Ambition – sie betrachtet sich nur mehr als Caretaker-Kommission, als Übergangsverwaltung – sind jedoch noch keine konkreten Erfolge zu vermelden.

Präsident Gottfried Jaud: Wir gelangen nunmehr zur 16. Anfrage, Nummer 1053/M, an den Herrn Bundesminister für auswärtige Angelegenheiten. Ich bitte Frau Bundesrätin Monika Mühlwerth, die Anfrage zu verlesen.

Bundesrätin Monika Mühlwerth (Freiheitliche, Wien): Sehr geehrter Herr Minister! Meine Frage lautet:

1053/M-BR/99

Ist für Sie so wie für Kommissar Fischler die Vetomöglichkeit eines Mitgliedstaates gegen die Osterweiterung ein zusätzliches Argument, vom Einstimmigkeitsprinzip innerhalb der EU abzugehen?

Präsident Gottfried Jaud: Bitte, Herr Bundesminister.

Bundesminister für auswärtige Angelegenheiten Vizekanzler Dr. Wolfgang Schüssel: Ehrlich gesagt ist mir eine solche Erklärung von Kommissär Fischler überhaupt nicht bekannt. Also ich habe davon, ehrlich gesagt – und deswegen habe ich jetzt auch etwas verblüfft meine Mitarbeiter gefragt –, nichts gehört.

Eine Erweiterung wird im Rahmen einer Regierungskonferenz abgewickelt. Nach der Verfassung, nach dem Vertrag der Union ist das ein intergouvernementaler Vertrag. Dieser wird zwar gemeinsam verhandelt, aber dabei sind alle gleichberechtigt, und es ist völlig undenkbar, daß etwas Derartiges Gemeinschaftsrecht wird und daher dem Mehrstimmigkeitsprinzip unterliegen könnte.

Es kann sein, daß man, wie zum Beispiel bei der Türkei-Strategie, überlegt, ob eine "Heranführungsstrategie" oder ein bestimmtes Finanzprotokoll – das ist ein Problem gewesen – mit Mehrstimmigkeit beschlossen werden kann, um sozusagen eine Blockade zu verhindern, aber die Erweiterung als solche ist nicht Gemeinschaftsrecht, sie ist rein intergouvernemental, wird in einer Regierungskonferenz abgewickelt und könnte niemals durch das Mehrstimmigkeitsprinzip ausgelöst werden. Ich kann mir, ehrlich gesagt, auch nicht vorstellen, daß Kommissär Fischler, der ein sehr guter Kenner der Vertragssituation und der Verfassung der Union ist, so etwas gesagt haben könnte.

Präsident Gottfried Jaud: Wird eine Zusatzfrage gewünscht? – Bitte sehr.


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