Bundesrat Stenographisches Protokoll 654. Sitzung / Seite 101

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Es ist nun einmal so, daß außenpolitische Standpunkte – hören Sie zu, Herr Kollege Konecny! (Bundesrat Konecny: Jawohl, auch wenn es mühevoll und schmerzhaft ist!)  – mittelfristig immer wieder neu überdacht werden müssen. Schon die Griechen – das wissen Sie als gebildeter Mann auch, Herr Kollege Konecny – haben zum Ausdruck gebracht, daß alles fließt und daher eine ständige Anpassung an Situationen erforderlich ist. Glauben Sie doch nicht immer nur Ihren Meinungsumfragen, sondern vertreten Sie als SPÖ doch eine ehrliche, langfristig vertretbare Politik! – Das ist auch in Richtung ÖVP gemeint. (Heiterkeit.)

Trotz dem sich der ÖVP-Vorstand bereits im Sommer 1997 einstimmig für einen NATO-Beitritt ausspricht und sich auch der letzte ÖVP-Parteitag dazu bekannt hat, wird völlig entgegengesetzt nunmehr von der ÖVP-EU-Spitzenkandidatin Stenzel nachhaltig zum Ausdruck gebracht, daß die Neutralität nicht zur Disposition steht. Mit diesen Bekundungen Ihrer Spitzenkandidatin werden aber die Parteibeschlüsse der ÖVP kaum außer Kraft gesetzt werden können, und das entspricht auch nicht den heutigen Bekenntnissen des Außenministers und Vizekanzlers bezüglich Verschmelzung EU-WEU und bezüglich ständiger Reduzierung der Neutralität.

Nun zu Ihrer Anfragebeantwortung, Herr Staatssekretär! Wir durften schon bei der letzten Bundesratssitzung im Zusammenhang mit dem Postenschacher feststellen, daß Sie unsere Fragen in Vertretung des Bundeskanzlers eigentlich substantiell nicht erledigen beziehungsweise eher sehr gering erledigen und auch zu einigen Fragen ... (Bundesrat Payer: Wenn Sie keine substantiellen Fragen stellen!)  – Hören Sie zu! Sie werden dann hören, wo sie nicht beantwortet sind.

Herr Staatssekretär! Der Bundeskanzler ist in Fragen der Außen- und Sicherheitspolitik sowie des Neutralitäts- und Kriegsmaterialiengesetzes Verantwortlicher hinsichtlich der Vollziehungs- und Mitwirkungskompetenzen. Sie haben dargestellt, daß die Neutralität Österreichs nach wie vor besteht. (Zwischenrufe bei der SPÖ.) Ich frage Sie jetzt noch einmal – ich möchte von Ihnen diese Auskunft hier im Bundesrat haben, die kein Völkerrechtler verstehen wird –: Wie ist es möglich, daß ein Staat auf der einen Seite neutral ist, auf der anderen Seite sich aber derselbe Staat, der behauptet, neutral zu sein, politisch, außenpolitisch mit jemandem solidarisch erklärt? Wie können Sie das völkerrechtlich vertreten? – Ich bitte Sie noch um Aufklärung dazu, weil Sie das mehrmals behauptet haben.

Zu einigen Fragen: Wir haben Sie gefragt, Herr Staatssekretär: Sind Sie wie Ihr Klubobmann Kostelka der Ansicht, daß "der Militärschlag gegen die Serben die Eskalation der Gewalt beschleunigt habe", ja oder nein? Teilen Sie die Ansicht – fragten wir Sie in Frage 11 – des SPÖ-Klubobmannes im Wiener Landtag, Hatzl, daß der amerikanische Präsident, Bill Clinton, ein Kriegstreiber ist, ja oder nein?

Begrüßen Sie – Frage 16 – eine Verschmelzung der WEU mit der EU, wie sie von Premierminister Tony Blair vorgeschlagen wurde, ja oder nein?

Zu Frage 20: Wie können Sie es in Ihrer Anfragebeantwortung vertreten, daß Sie auf der einen Seite Waldbrände oder Flugkatastrophen mit einem derartigen Vorfall, wie er jetzt im Kosovo gegeben ist, vergleichen? – Das sind doch völlig andere Wertigkeiten. (Staatssekretär Dr. Wittmann: Galtür darf ich schon vergleichen – oder?) Ja, aber Sie sind auch auf einen Waldbrand und eine Flugkatastrophe eingegangen. Ist das zutreffend? (Staatssekretär Dr. Wittmann: Eine Lawinenkatastrophe darf ich schon mit einer Flugkatastrophe vergleichen!) Ja, aber die Kosovo-Geschichte wird deutlich mehr sein als die Galtür-Katastrophe.

Aber Sie, Herr Staatssekretär, haben dementsprechend geantwortet. Ich möchte Sie daher bitten (Bundesrat Konecny: Herr Kollege! Die Antworten bekommen Sie schon von ihm, die können Sie sich nicht aussuchen!)  – Herr Kollege Konecny, lassen Sie mich bitte ausreden! –, Herr Staatssekretär, daß Sie insbesondere die Frage: Wie können Sie vertreten, daß sich ein Staat, der sich neutral nennt, auf der anderen Seite zu Bündnissen bekennt?" entsprechend erklären. – Danke. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

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