Bundesrat Stenographisches Protokoll 654. Sitzung / Seite 104

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Übergangsgenehmigungen und Truppentransiten zu beachten sind. So lange der Gesetzgeber diese Änderungen insbesondere des Kriegsmaterialiengesetzes nicht erlassen hat, solange können nicht einmal die verfassungsgesetzlich geforderten Anpassungen umgesetzt werden. Es ist zu hoffen, daß diese einfachgesetzlichen Anpassungen so aussehen werden, daß die gesetzliche Umsetzung nicht weiterhin der notwendigen Anpassung Österreichs an die internationalen Gegebenheiten nachhinkt und sich Österreich weiterhin durch einzelne, von diesen Gesetzen erzwungene Entscheidungen bei Transiten und Überflügen in Gefahr bringt, international auf größtes Unverständnis zu stoßen oder sich gar der Lächerlichkeit preiszugeben.

Diese erforderlichen gesetzlichen Anpassungen wären wohl schon längst vollständig erlassen, wenn es bei uns möglich wäre, ruhig über die sicherheitspolitischen Notwendigkeiten zu diskutieren, und sich nicht alle Augenblicke irgendeine Partei bemüßigt fühlt, aus einer solchen Diskussion kurzfristig politisches Kleingeld schlagen zu wollen.

Die Anfrage der Freiheitlichen ist dieser Kategorie von Aktionen zuzurechnen; so sehe ich es. Ich hoffe aber, daß wir sehr bald den richtigen Schritt setzen, der heute schon von Vizekanzler und Außenminister Schüssel angedeutet wurde: EU, europäische Wirtschaft, Euro, Gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik, was natürlich in Richtung WEU und NATO geht. – Ich danke sehr. (Beifall bei der ÖVP.)

16.48

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Als nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Konecny. – Bitte.

16.48

Bundesrat Albrecht Konecny (SPÖ, Wien): Frau Präsidentin! Herr Staatssekretär! Meine Damen und Herren! Sie werden das nicht oft von mir hören, aber manchmal bin ich der freiheitlichen Opposition für Anfragen dankbar, und zwar dann, wenn sie politische Realitäten aufzeigen.

Ich finde es sehr charmant, Kollege Liechtenstein, daß Sie – richtigerweise – gemeint haben, der Sinn dieser Anfrage sei es, Unterschiede zwischen den Regierungsparteien zu akzentuieren, und dann dankbar apportierten und diese Unterschiede herausstellten. Genau das ist der Punkt.

Meine Herren von der ÖVP! Sie werden sich entscheiden müssen, ob Sie glauben, einen, wie wir meinen, verhängnisvollen sicherheitspolitischen Kurs verfolgen zu müssen, und glauben, daß wir Ihnen dabei folgen, oder ob Sie so wie manche – so liest man, so hört man aus Ihren Diskussionen – ein anderes Bündnis anstreben, um diese verhängnisvolle Konzeption verwirklichen zu können. Es gibt einen Schönheitsfehler dabei: Um das Neutralitätsgesetz zu ändern, würden Sie eine Zweidrittelmehrheit brauchen, die Ihnen jetzt nicht und auch in Zukunft nicht zur Verfügung stehen wird. (Bundesrat Mag. Himmer: Den Amsterdamer Vertrag haben wir schon gemeinsam beschlossen! – Zwischenrufe bei den Freiheitlichen.)

Herr Kollege! Habe ich irgendwelche Vertraulichkeiten ausgeplaudert, daß Sie so aufgeregt reagieren? – Sie amüsieren mich, Herr Kollege Himmer, und zwar nicht nur jetzt, aber jetzt auch.

Herr Kollege! Meine Damen und Herren! Wer so über die Neutralität spricht, wie Sie, Herr Kollege Liechtenstein, das getan haben und wie es manche Mitglieder der Bundesregierung von seiten der ÖVP tun, macht sich tatsächlich dessen schuldig, was die Anfrage in einem anderen Zusammenhang unterstellt, nämlich daß unsere Neutralität in Frage gestellt wird und daß es tatsächlich eine internationale Diskussion darüber gibt, wie ernst dieses Land seine Gesetze nimmt.

Wer so über die Neutralität spricht, muß ignorieren, was diese Neutralität seit dem Jahr 1955 geleistet, ermöglicht und bewerkstelligt hat. Wenn Herr Kollege d'Aron so nett meint, sie habe sich seit 1955 immer mehr verdünnt, dann ist das eine historische Unwahrheit – nicht im Sinne von böswillig, sondern sie ignoriert, daß wir ein Jahr nach der Erklärung der immerwährenden Neutralität der vermutlich härtesten Bewährungsprobe dieser Neutralität ausgesetzt waren und


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