Bundesrat Stenographisches Protokoll 654. Sitzung / Seite 112

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handen ist. Nehmen wir innerhalb der Europäischen Union als deren Vollmitglied auch unsere Möglichkeiten wahr, am Aufbau dieses europäischen Sicherheitssystems mitzuwirken. Es hat sich auch die SPÖ in keiner Weise dagegen verwahrt, an dieser Diskussion teilzunehmen.

Weiters schreiben Sie, daß "sich 9 von 19 NATO-Mitgliedern nicht an den Einsätzen zur Rettung der Kosovaren" mit Truppen beteiligen. Richtig, das können wir, meine Damen und Herren, auch außerhalb der NATO und auch als Neutrale. Gleich weiter schreiben Sie, daß "die NATO-Staaten Dänemark und Norwegen keine Atomwaffen und Frankreich keine NATO-Truppen auf ihrem Territorium dulden". Sie wissen aber schon, daß Frankreich längere Zeit der NATO überhaupt sehr abseits gestanden ist und sich ihr erst in letzter Zeit wieder angenähert hat. Meine Damen und Herren! Das ist anerkennenswert, aber das können wir auch als Neutrale und Nicht-NATO-Mitglieder in der gleichen Weise tun.

Das heißt also, daß sich sogar NATO-Staaten und Mitgliedstaaten der EU in mancher Weise so verhalten, wie wir es eigentlich mit unserer Neutralität vereinbaren können. Darum glaube ich, den umgekehrten Schluß ziehen zu können, daß sich auch die Mitgliedschaft in der NATO und der Europäischen Union mit der österreichischen Neutralität vereinbaren läßt. Ich weiß es aus eigener Erfahrung, auch aus dem Europäischen Parlament: Wir hatten dort keine großen Probleme, daß wir immer darauf angesprochen worden wären, Österreich müsse endlich zur NATO gehen und seine Neutralität aufgeben. (Vizepräsident Weiss übernimmt wieder den Vorsitz.)

Wenn Sie sagen, mit dem Abschluß des EU-Vertrages und dem Beitritt Österreichs zur Europäischen Union und insbesondere mit der Unterzeichnung des Amsterdamer Vertrages hätten wir die Neutralität aufgegeben, so ziehe ich wieder den Umkehrschluß, die gesamte EU hat den österreichischen neutralen Status gekannt, als wir beigetreten sind, und niemand hat uns damals aufgefordert, diesen Status zu beenden, bevor wir beitreten, weil wir so nicht beitreten könnten. An dieser beiderseitigen Rücksichtnahme ist zu erkennen, daß auch die Europäische Union diesen Status der Neutralität anerkennt.

Zum Schluß möchte ich sagen, daß es eine Diskussion geben kann, geben soll und auch geben wird. Wir verschließen uns keiner ... (Bundesrat Dr. Tremmel: Also kein Diskussionsverbot?) Es gab auch kein Diskussionsverbot! (Bundesrat Dr. Tremmel: "Außerstreitstellen" ist der charmante Ausdruck dafür!) Herr Dr. Tremmel! Auch wenn der Bundeskanzler dies vorschlägt, kein Bundeskanzler in Österreich – ganz gleich, welcher politischen Richtung er angehört – kann dem Volk, den Parteien, den Österreichern vorschreiben, was sie diskutieren und was sie sagen dürfen. Das kann auch Herr Bundeskanzler Klima nicht. Er wollte dies auch gar nicht ausdrücken, sondern er hat den Vorschlag gemacht: Wenn uns vorgeworfen wird, daß man dieses Thema jetzt zu einem Wahlkampfthema mache, dann lassen wir es gemeinsam aus dieser Wahlauseinandersetzung draußen. (Bundesrat Dr. Tremmel: Also doch ein Diskussionsverbot!)

Wenn aber dieses Thema zu einem Wahlkampfthema gemacht wird, meine Damen und Herren, werden Sie doch einsehen, daß es nicht einer allein zu einem Wahlkampfthema machen kann und der andere, der eine konträre Meinung diesbezüglich hat, dazu schweigt. Das ist die Botschaft, die dahintersteckt, und sonst gar nichts.

Meine Damen und Herren! Nehmen wir die unterschiedlichen Standpunkte zur Kenntnis, diskutieren wir mit den Österreichern über die Zukunft! Ich bin für diese offene Diskussion. Wir werden diese Entwicklung in den nächsten Jahren sehen.

Ich glaube, zum Abschluß sagen zu dürfen, daß wir, um doch noch zu etwas Gemeinsamem zu kommen, alle das Leiden der Menschen gerade im Kosovo auf das tiefste bedauern, daß es uns unsäglich leid tut, daß dort unschuldige Menschen auf beiden Seiten, die keinerlei Befehle geben, die nichts verbrochen haben, schwer in Mitleidenschaft gezogen werden. Ich bin kein Freund des Regimes Milošević, um das dreimal zu unterstreichen, ich bin auch nicht Moskau-freundlich, wie es in Ihrer Anfrage Dr. Kostelka und Dr. Fischer vorgeworfen wird, aber es ist notwendig, daß man andere Instrumente der Politik findet, um diese Auseinandersetzung zu beenden und für die Menschen in der Zukunft das bestmögliche an Menschlichkeit, an Menschen


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