Bundesrat Stenographisches Protokoll 654. Sitzung / Seite 116

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gen bitten. Ich wollte nicht in Abrede stellen, daß diplomatische Bemühungen weiterlaufen sollten, aber wenn wir ehrlich sind, Herr Kollege Konecny, dann müssen wir zugeben, daß nicht nur der Fall Kosovo gezeigt hat, daß wir mit diplomatischen Bemühungen am Ende sind. Es ist dies der vierte Krieg, den Slobodan Milošević angezettelt hat. Im Vorjahr hat es 200 000 Vertreibungen aus dem Kosovo gegeben. Es hat Massenvergewaltigungen und Massenexekutionen gegeben. Weil wir auf diplomatischer Ebene keine Möglichkeiten mehr hatten, hat sich die Europäische Union schlußendlich dafür entschlossen, einen Militärschlag der NATO zu initiieren. Das war der eigentliche Grund!

Ich glaube, daß es auch keine Entweder-Oder-Position sein sollte, sondern daß es in diesem Fall eine Sowohl-Als-auch-Position sein muß. (Zwischenruf des Bundesrates Konecny . )

Ich möchte aber auch auf die Position des Herrn Bundeskanzlers Klima noch eingehen. Ich bin nicht Ihrer Meinung, Herr Dr. Böhm, wenn Sie sagen, er sei für die EU nicht berechenbar. (Bun-desrat Konecny: Sie werden doch nicht widersprechen!)

Dieser Meinung bin ich nicht! Bundeskanzler Klima ist für die EU sehr wohl berechenbar, und zwar ein ganz berechenbarer Partner, weil er die Entscheidungen der EU sehr wohl mitträgt. Nicht mehr berechenbar ist er für die eigene Bevölkerung, und er ist auch für dieses Parlament nicht mehr berechenbar. (Beifall des Bundesrates Schöls.  – Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Dieser Meinung bin ich, weil ich den Eindruck habe, daß die Politik in Österreich nicht mehr Herr Klima macht, sondern daß die Politik in Österreich, was die Neutralität betrifft, ein Herr Rudas, ein Herr Kostelka und ein Herr Fischer machen. (Bundesrat Freiberger: Na schlecht?) – Das halte ich für nicht gut, und zwar deshalb, weil wir damit politisches Führungsverhalten aus der Hand geben.

Gerade im Kosovo-Konflikt hat die Europäische Union Leadership bewiesen. Das kann man im Hinblick auf die Neutralitätsdebatte von Herrn Bundeskanzler Klima in Österreich nicht behaupten. Da entsteht ein Führungsvakuum, und das halte ich für sehr bedenklich. (Bundesrat Payer: Lieber Bomben!)

Zwei Punkte noch zur NATO: Ich glaube, daß wir beim Kosovo sehr genau hinschauen sollten. Ich habe nämlich den Eindruck, daß die Flüchtlinge nicht vor der NATO, sondern zur NATO fliehen. Ich halte das für sehr bedenklich.

Es kommt bei uns in Österreich langsam, aber sicher zu einer Täter-Opfer-Umkehr. Ich möchte das mit aller Deutlichkeit sagen. Schön langsam bekommt man dieses Gefühl. Wenn man die Medienberichte und Äußerungen von politischen Führungskräften in diesem Lande verfolgt, dann gewinnt man immer mehr den Eindruck, bei der NATO seien die Bösen und der Herr Milošević sei der Arme. Und gegen dieses Reinwaschen des Herrn Milošević durch einen Herrn Fischer, durch einen Herrn Kostelka möchte ich mich mit aller Deutlichkeit verwahren! – Ich danke schön. (Beifall bei der ÖVP und bei Bundesräten der Freiheitlichen.)

17.51

Vizepräsident Jürgen Weiss: Nächster Redner ist Herr Bundesrat Dr. Paul Tremmel. Ich erteile ihm das Wort.

17.51

Bundesrat Dr. Paul Tremmel (Freiheitliche, Steiermark): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Die Ausführungen, denen ich aufmerksam gefolgt bin, veranlassen mich als verfassungstreuen Menschen dazu – da es mehrere Interpretationen unseres Neutralitätsgesetzes gegeben hat –, das Neutralitätsgesetz zu zitieren.

Artikel 1 lautet wie folgt:

"Zum Zwecke der dauernden Behauptung seiner Unabhängigkeit nach außen und zum Zwecke der Unverletzlichkeit seines Gebietes erklärt Österreich aus freien Stücken seine immerwähren


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