Bundesrat Stenographisches Protokoll 654. Sitzung / Seite 120

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materiell aushöhlen. Österreich leistet mit 0,75 Prozent des Bruttoinlandsproduktes den geringsten Beitrag zur Landesverteidigung in Europa!

Andererseits wollen Sie dahinschwimmen und hoffen, daß die anderen europäischen Partner – Sie zitieren immer wieder die Solidarität – endlich zu einer europäischen Verteidigungsgemeinschaft kommen, wollen aber dazu letztlich nichts beitragen. Nicht einmal das wollen Sie beitragen, daß bei uns die innere Sicherheit gewährleistet ist.

Sie haben den Auftrag, die Bevölkerung darüber zu informieren, wie es derzeit mit unserem Denken über die Neutralität, wie es mit der Sicherheitspolitik steht. Wo ist Ihr gemeinsamer Bericht bezüglich der Sicherheit dieses Landes, auf den wir schon lange warten?

Wir Freiheitlichen treten für eine Volksabstimmung ein, bevor wir diese Neutralität aufheben, um wirklich die Meinung der Bevölkerung dazu einzuholen. Machen Sie das auch endlich! Schenken Sie reinen Wein ein! Sorgen Sie dafür, daß unsere Sicherheitspolitik nicht gefährdet ist! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

18.07

Vizepräsident Jürgen Weiss: Nächster Redner ist Herr Bundesrat Dr. Milan Linzer. Ich erteile ihm das Wort.

18.07

Bundesrat Dr. Milan Linzer (ÖVP, Burgenland): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Hoher Bundesrat! Ich habe mich bemüht, die ganze Debatte über die dringliche Anfrage einigermaßen ohne Emotion zu verfolgen. Mitunter ist das schwergefallen, denn man gewinnt doch unwillkürlich den Eindruck, daß es sich in Zeiten einer Vorwahl um ein Wahlgeplänkel handelt.

Ich möchte ausnahmsweise Kollegen Tremmel recht geben. In einem seiner Schlußsätze hat er gemeint, daß unsere Bevölkerung, unser Volk in dieser sensiblen Frage der Sicherheitspolitik – Neutralität ja oder nein? – zweifellos Anspruch auf Wahrheit hat. Wenn ich die heutige Debatte hier verfolgt habe, dann muß ich sagen, das changiert so zwischen Wahrheit und Dichtung. Manche wollen sich um die Wahrheit herumstehlen, um nicht aufgrund irgendwelcher mehr oder weniger dubiosen Umfragen dem Volk diametral gegenüberzustehen.

Ich meine, daß wir hier zweifellos ernsthafter diskutieren sollten, denn es ist eine sehr sensible Frage. Diese Frage ruft Ängste und Besorgnisse hervor, gerade vor dem Hintergrund dieses barbarischen Krieges, dieser Auseinandersetzung im Süden unseres Landes.

Ich bin der Meinung, daß Vizekanzler Schüssel in der heutigen Fragestunde die Position der Österreichischen Volkspartei in dieser Frage durchaus klar und eindeutig definiert hat, ungeachtet irgendwelcher anderer Scharmützel, die es da gegeben hat.

Kollege Tremmel hat einige Medienberichte zitiert. Ich kann den Wahrheitsgehalt nicht überprüfen, und er läßt sich auch nicht überprüfen. Tatsache ist, Faktum ist, daß Vizekanzler Schüssel heute seine Position als Außenminister dargestellt hat, und diese Position ist in dieser Diskussion auch völlig unwidersprochen geblieben.

Ich wiederhole nur in Stichworten: So hat er etwa gemeint, daß die Neutralität selbstverständlich als eine Neutralität zu sehen ist, die sich dem Inhalt nach verändert hat. Das hat er offen zugegeben. Kollege Konecny definiert das etwas anders. Er meint, sie hätte sich weiterentwickelt. Dazu möchte ich gleich vorweg sagen, daß ich nicht ganz den Standpunkt beziehungsweise den Gegensatz verstehe, der zwischen Ihnen – weniger Ihnen als vielleicht anderen Exponenten Ihrer Partei – und meiner Fraktion, vor allem Vizekanzler Schüssel, besteht.

Der Vizekanzler hat dann weiters von der "Troika der Neutralität" gesprochen – also UNO-Beitritt, EU-Beitritt mit all den dazugehörigen Fakten, Amsterdamer Vertrag, NATO-Einsatz und so weiter und so fort –, und er wies darauf hin, daß die Neutralität auch legistisch – Artikel 23f


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