Bundesrat Stenographisches Protokoll 655. Sitzung / Seite 36

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bewußt oder unbewußt verzichten und daß Sie damit die Schar der schwarzen Schafe, die Schwarzunternehmer, bewußt unterstützen. Ich glaube nicht, daß Sie das persönlich machen, Sie werden das wahrscheinlich machen müssen, genauso wie Sie hier berichten mußten, daß wir einen neuen Außenminister haben, Kollegen Maderthaner, der es sich gestern nicht nehmen ließ – ich kenne auch nicht seine Beweggründe –, Aussagen zur inneren und äußeren Sicherheit, zur Neutralität zu treffen. Er hat sich als gesetzlicher Interessenvertreter an die Gruppe der Arbeitgeber gewandt. Ich habe noch Verständnis dafür, daß hier der Druck von Parteiobmann und Außenminister Schüssel wirken kann, aber daß er auch versucht, die Arbeitnehmer miteinzubinden, das ist, so glaube ich, doch eine sehr deutliche Überschätzung seines Wirkungskreises.

Er hat in den letzten Wochen und Tagen überhaupt keine Bereitschaft gezeigt, beim Schwarzarbeitsgesetz oder bezüglich "Aktion Fairneß" gemeinsam zu einem Ergebnis zu kommen. Sie sind ein treuer Diener von ihm. Sagen Sie ihm, er ist gut beraten, wenn er bei seinem Leisten bleibt, wenn er sich so wie bisher in vorbildlicher Weise um Klein- und Mittelbetriebe kümmert. Innen- und Außenpolitik fallen sicherlich nicht in seine Kompetenz. (Zwischenruf des Bundesrates Ledolter. )

Ich interpretiere das so, lieber Herr Kollege Ledolter, daß der Herr Vizekanzler und Außenminister Schüssel und wahrscheinlich auch der Heeresminister Fasslabend im Zusammenhang mit den bevorstehenden Wahlen in persönliche Schwierigkeiten gekommen sind (Bundesrat Ledolter: Das weise ich zurück! Maderthaner kümmert sich wenigstens darum!) und wahrscheinlich auch die Prognosen, welche heute hier schon angesprochen worden sind, nicht dem entsprechen, was Sie sich vorstellen. (Bundesrat Dr. Böhm: Szenen einer Ehe! – Heiterkeit und Beifall bei den Freiheitlichen.)

Ich kann Ihnen die Versicherung geben, daß sich die Sozialdemokratie auch nach den Wahlen zum Europäischen Parlament am 13. Juni und auch nach den Wahlen zum Nationalrat am 3. Oktober zur Neutralität bekennen wird und gerne bereit ist, wenn es UNO, OECD oder andere friedenserhaltende oder -stiftende Einrichtungen verlangen, unsere hochqualifizierten und gutausgebildeten Soldaten zur Verfügung zu stellen. (Bundesrat Ledolter: Man sieht es an Ihrer Einstellung zum Bundesheer!)

Nun komme ich zum eigentlichen Thema. Es ist für mich sehr erfreulich, liebe Kolleginnen und Kollegen, daß wir heute über einen nationalen Beschäftigungspakt und über einen europäischen Beschäftigungspakt diskutieren können, denn bis vor zwei Jahren war das nämlich ein Thema, das von den Konservativen in Europa und auch in Österreich bewußt verdrängt wurde (Bundesrat Konecny: Sehr richtig! – ironische Heiterkeit bei den Freiheitlichen), obwohl es schon 20 Millionen Arbeitslose in Europa gegeben hat. Ich behaupte hier selbstbewußt: Daß es einen europäischen Beschäftigungsplan und einen nationalen Beschäftigungsplan gibt, ist ausschließlich das Verdienst einer hartnäckigen und konsequenten Gewerkschaftspolitik auf nationaler und auf europäischer Ebene (Beifall bei der SPÖ) – sicherlich in Zusammenarbeit mit führenden sozialdemokratischen Verantwortungsträgern in Europa.

Es war nicht einfach, bewußt zu machen, daß der Beschäftigung zumindest in Ansätzen die gleiche Bedeutung beigemessen werden muß wie der Währungsunion oder dem Euro. Ich glaube, daß auch unter der österreichischen Präsidentschaft auf diesem Gebiet einiges geschehen ist; das ist den bereits vorliegenden europäischen Beschäftigungsberichten zu entnehmen.

Sehr geehrte Damen und Herren! Seit dem Jahre 1998 ist die Zahl der Beschäftigung europaweit um 1,7 Millionen gestiegen, und die Arbeitslosenrate ist seit dem Jahre 1992 europaweit unter 10 Prozent gesunken. Die Entwicklung des österreichischen Arbeitsmarktes im April ist schon vermittelt worden, ich darf aber ergänzend anmerken, daß auch die Entwicklung des Arbeitsmarktes im Mai sehr positiv gewesen ist. Die Arbeitslosenrate ist wieder um 18 000 Personen gesunken, und erstmalig ist auch die Langzeitarbeitslosigkeit – wenn auch nicht genügend für uns, aber immerhin – von 7,4 auf 6,6 Prozent gesunken. Ich glaube, daß wir schon von ersten Anzeichen einer nachhaltigen Besserung oder Trendwende auf dem Arbeitsmarkt in Österreich reden können.


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