Bundesrat Stenographisches Protokoll 655. Sitzung / Seite 68

Home Seite 1 Vorherige Seite Nächste Seite

Frauen sind der zeitgenössischen Liberalisierungs-, Flexibilisierungs-, Rationalisierungs-, Gewinnmaximierungsdoktrin ebenso unterworfen wie Männer. Es gibt aber einen einzigen traurigen oder bedenklichen Unterschied, nämlich daß Frauen davon in doppelter Weise betroffen sind, weil sie auch die ersten sind, die betroffen sind, wenn es darum geht, Arbeitsplätze abzubauen, wenn es darum geht, aus ganzer Beschäftigung teilweise Beschäftigung zu machen, wenn es darum geht, Lohndumping umzusetzen, und wenn es darum geht, sozialrechtliche Bestimmungen von einst zu umgehen.

Das heißt, wir brauchen diesen NAP, und es sind die Länder und die Kommunen aufgefordert, sich nicht gemütlich zurückzulehnen und auf Maßnahmen der Bundesregierung zu warten, und auch wir Ländervertreter sind aufgefordert, darauf zu achten und uns dafür einzusetzen, daß auch auf Länderebene diese territorialen und regionalen NAP-Konzepte umgesetzt werden.

Zu diesem Umsetzen von Maßnahmen für Frauenbeschäftigung gehört natürlich auch die Verbesserung der Lebensbedingungen von Frauen. Nach wie vor sind Frauen zu 99,9 Prozent für ihre Familie verantwortlich, obwohl wir den Begriff "Partnerschaft" schon längst in der Verfassung verankert haben und dessen Bedeutung darüber hinausgehen muß. Vereinbarkeit von Familie und Beruf ist allerdings keine öffentliche Angelegenheit in dieser Republik Österreich. Sie ist eine öffentliche Angelegenheit, aber nur für die politisch Verantwortlichen, aber nicht für Unternehmen und Konzerne. Der Beweis dafür ist, daß keine einzige Maßnahme für die Vereinbarkeit von Familie und Beruf von einer privatwirtschaftlichen Interessenvertretung ins Leben gerufen wurde oder umgesetzt wird und daher der Staat und die Republik mit ihren Steuermitteln ausschließlich und exklusiv – eine traurige Exklusivität! – aufgefordert sind, Maßnahmen zur Vereinbarkeit von Familie und Beruf zu setzen.

Ich verweise, weil ich dies nicht nur für einen Meilenstein, sondern für eine unwahrscheinlich dynamische Entwicklung halte, auf die auch in diesem Jahr zur Auszahlung kommende Kindergartenmilliarde. Als "Kindergartenmilliarde" ist es nach der Forderung von Johanna Dohnal benannt, in Wirklichkeit sind es – das wissen wir Frauen – 600 Millionen Schilling. (Bundesrätin Haunschmid: Wie der Tausender von der Ederer!) Wissen Sie, was das in diesem ganz kleinen und auch nicht reichen Bundesland Kärnten bedeutet hat? – Daß wir innerhalb von zweieinhalb Jahren 1 000 qualifizierte Betreuungseinrichtungsplätze für Kinder geschaffen haben! Rechnen Sie sich auch die dazugehörigen Beschäftigtenzahlen aus! (Beifall bei der SPÖ. – Bundesrat Dr. Tremmel: Beifall nur bei einer Fraktion!)

Letzter Punkt: Maßnahmen. Der Steuermitteleinsatz in der Höhe von 2,6 Milliarden Schilling in einem Bundesland mit einem Budget von 17 Milliarden Schilling – man vergleiche bitte: 2,6 Milliarden Schilling wären einzusetzen für einen den Frauen Kärntens in die Hand versprochenen Scheck; das mag Ihre politische Konzeption sein; ich führe es nicht weiter aus und kommentiere es nicht – ist keine Antwort auf die Frage der Vereinbarkeit von Familie und Beruf, und ich meine, partnerschaftliches Verhalten sollte auch männlichen Berufstätigen ermöglicht werden.

Punkt zwei: Ein solcher versprochener Scheck gibt keine Antwort auf die Frage: Wer beschäftigt mich, wenn ich sechs Jahre aus dem Job ausgestiegen bin? – Versuchen Sie das doch einmal in Ihrer eigenen politischen Karriere! Sie ziehen sich sechs Jahre aus Ihrer Partei zurück. Werden Sie wieder auf den Platz gestellt werden, den Sie verlassen haben? – Also ich gehe jede Wette ein, daß das nicht der Fall sein wird.

Ein weiterer Punkt ist die Frage: Wie friste ich als Frau oder auch als Mann als AlleinerzieherIn mein Dasein mit einem monatlichen Betrag in der Höhe von 5 700 S? Wie zahle ich davon die Heizung, den Strom, die Wohnung und vielleicht auch noch das, was ich zum Leben notwendig habe?

Letztlich gibt dieser Scheck auch keine Antwort auf die faktische Lohndiskriminierung von Frauen auf dem Arbeitsmarkt. Daher, so denke ich, ist dieses Gender Mainstreaming – ich reduziere meine Ausführungen – ein revolutionärer Schritt, wenn er so umgesetzt wird – und zwar auf allen Ebenen in Österreich: auf Bundes-, Landes- und kommunaler Ebene –, daß alle beschäftigungspolitischen Maßnahmen ernsthaft und nicht mit Augenzwinkern dahin gehend


Home Seite 1 Vorherige Seite Nächste Seite