Bundesrat Stenographisches Protokoll 655. Sitzung / Seite 100

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schon fast gehandelt worden sind. Ich glaube, man muß noch intensiv darüber nachdenken, wie dies zu bewerkstelligen ist.

Die Kosten sind zwar beziffert, aber Sie gehen von Annahmen aus. Ich meine, daß das Besoldungssystem transparent und für jeden nachvollziehbar sein muß. In Ihrem Budget kommt es ohnehin schon zu einer Kostenexplosion, was auch Herrn Finanzminister Edlinger bereits zu einer kritischen Bemerkung veranlaßt hat. Die Lehrer sollen sehr wohl angemessen bezahlt werden, aber die Abgeltung sollte – wie gesagt – transparent sein.

Frau Ministerin! Grundsätzlich möchte ich Ihnen sagen: All diese Novellierungen – das ist nicht die erste – ziehen eine Nivellierung nach unten nach sich. Jetzt geht es darum, daß Aufsteigen mit "Nicht genügend" möglich ist und die Schulstufe auch mit "Nicht genügend" dann als abgeschlossen gilt, wenn man im betreffenden Pflichtgegenstand vorher ein "Befriedigend" gehabt hat. – Wir halten das für leistungsfeindlich. Das geht wieder in Richtung Nivellierung nach unten, und daher hat eine Reifeprüfung nicht mehr die Qualität, die sie eigentlich haben soll. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Daher muß ich anmerken, daß diese Novellierung ein Stückwerk ist, wie wir es schon gewöhnt sind: Immer wieder wird irgendwo ein Stück abgezwackt, und anderswo wird ein Stück dazugegeben. Im Prinzip brauchen wir ein ordentlich reformiertes Bildungskonzept und nicht einen Fleckerlteppich, der jetzt immer wieder das Resultat ist. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

16.05

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Als nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Leichtfried. – Bitte.

16.05

Bundesrat Mag. Günther Leichtfried (SPÖ, Niederösterreich): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Frau Bundesministerin! Meine Damen und Herren! Ende der sechziger Jahre begann in Europa eine der größten Bildungsoffensiven der Geschichte. Ziel war es und ist es – wie ich behaupten möchte – heute noch immer, eine dauerhafte Hebung des Bildungsniveaus breiter Bevölkerungsschichten zu erreichen. (Zwischenruf der Bundesrätin Mühlwerth. ) Bitte? (Bundesrätin Mühlwerth: Das geht aber grundsätzlich daneben!) Das ist Ihre Meinung, aber nicht meine! Sie waren zuerst an der Reihe, jetzt bin ich dran!

Bildung vermittelt für das Leben in einer Demokratie unverzichtbare Fähigkeiten wie Selbst- und Mitbestimmung sowie Verantwortung für das Gemeinwohl. Ich behaupte, daß in Österreich in dieser Richtung hervorragende Bildungsarbeit geleistet wurde. Ich stelle diese Aussage ganz bewußt an den Beginn meiner Wortmeldung, auch im Hinblick auf den Zwischenruf der Kollegin Mühlwerth, weil ich das Gefühl habe, daß zeitweilig der Wille, zeitgemäße Anpassungen vorzunehmen und unser hervorragendes Bildungssystem entsprechend abzusichern, nicht vorhanden ist.

Ich begrüße die heute zu beschließenden Änderungen wie zum Beispiel die Einführung einer Diplom- und Abschlußarbeit im Rahmen der Reife- und Diplomprüfung. Diese Abschlußarbeit sollte in Form einer Projektarbeit erfolgen, und ich stelle fest, daß das grundsätzlich nicht neu ist, denn solche Projektarbeiten werden sowohl im berufsbildenden Schulwesen als auch im allgemeinbildenden Schulwesen – Sie selbst haben vorher gerade die Fachbereichsarbeiten erwähnt – bereits durchgeführt. Ich selbst war jahrelang Betreuer für solche Fachbereichsarbeiten, und ich kann mich der Auffassung, daß Gefahren bestehen, wie sie Kollegin Mühlwerth vorgezeichnet hat, überhaupt nicht anschließen. Ich glaube, daß genau das Gegenteil der Fall ist: Bei diesen Fachbereichsarbeiten wird selbständiges, fächerübergreifendes und häufig auch praxisbezogenes Erarbeiten von Themen und Inhalten geübt und durchgeführt. Dies bringt sowohl dem Schüler als auch dem Lehrer sehr viel. Natürlich ist damit ein großer Zeit- und Arbeitsaufwand verbunden. (Zwischenruf der Bundesrätin Mühlwerth. ) Die Kontrolle, die Sie ansprechen, ist insofern gegeben, als gegenwärtig jeder Kandidat im Anschluß an diese Fachbereichsarbeit eine entsprechende mündliche Prüfung abzulegen hat, und selbstverständlich wird kein Kandidat mündlich eine positive Leistung hervorbringen, wenn er diese Arbeit von jemand anderem anfertigen ließ.


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