Bundesrat Stenographisches Protokoll 655. Sitzung / Seite 119

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Im einzelnen behandeln wir heute eine Erleichterung für schwer sehbehinderte oder blinde Menschen. Man kann sich das gar nicht vorstellen, wieviel Zeit vergehen mußte, bis es zu diesem heutigen Gesetzesvorschlag gekommen ist. Man weiß, wie einfach solche Dinge manchmal zu handhaben wären. Mit einfachen Schablonen ist es nun möglich, daß Nichtsehende oder schwer Sehbehinderte von ihrem demokratischen Wahlrecht der geheimen Wahl Gebrauch machen können. Diese Angelegenheit kostet 2 Millionen Schilling, und es ist meiner Ansicht nach gerechtfertigt, dieses Geld im Sinne des Ausbaus unserer Demokratie einzusetzen.

Es sollte aber nicht damit sein Bewenden haben, daß dies nur bei Europawahlen oder Nationalratswahlen durchzuführen ist. Auch die Länder sollten sich darüber Gedanken machen, wie das für Wahlgänge zu Landtagen oder auf der Gemeindeebene bei der Wahl der Bürgermeister umzusetzen wäre.

Meine Damen und Herren! Ich möchte die Gelegenheit nutzen, um noch einen Punkt anzusprechen, von dem es mir persönlich nicht plausibel zu sein scheint, daß es sich damit so verhält. Wir wissen, daß es für Menschen, die kurz vor Wahlgängen krank werden, längere Zeit im Krankenhaus oder auf Erholung sind, die Möglichkeit gibt, mit einer Wahlkarte zu wählen. Wir wissen aber auch, daß Wahlkarten aus organisatorischen Gründen selbstverständlich nicht unbegrenzt angefordert werden können. Der Erfahrung nach ist meistens der Donnerstag vor dem Wahlsonntag der letzte Tag, an dem eine Wahlkarte beantragt werden kann.

Es kann nun der groteske Fall eintreten, daß Männer und Frauen, Wählerinnen und Wähler, die am Freitag nachts oder am Samstag in ein Krankenhaus eingeliefert werden, am Sonntag zuschauen müssen, wenn die Wahlkommissionen kommen und diejenigen ihre Stimme abgeben können, die rechtzeitig von ihrer Krankheit wußten und die Chance hatten, Wahlkarten zu besorgen.

Ich meine, man sollte sich Gedanken darüber machen, daß man allen die Möglichkeit gibt, von ihrem demokratischen Recht, wählen zu können, Gebrauch zu machen. Ich schlage hier etwas vor, das aus meiner Sicht ganz einfach wäre. Dafür möchte ich selbstverständlich auch eine Fünfparteieninitiative erreichen. Ich möchte nicht, daß sich dann einzelne hinstellen und sagen: Wir haben etwas erfunden! – Ich meine, das Gesamte sollte uns die Kraft und das Zeug dazu geben, das umzusetzen. Ich stelle mir das ganz einfach vor, gebe aber zu, daß ich mir im einzelnen darüber noch nicht sehr den Kopf zerbrochen habe.

Es könnte aus meiner Sicht einfach so ablaufen. Wir kennen die mobilen Wahlkommissionen (Bundesrat Dr. Tremmel: Die fliegenden!), die am Vormittag des Wahltages Altersheime und Krankenhäuser aufsuchen. Ich halte es für möglich, daß diese Kommissionen erst nachmittags zu den Wählerinnen und Wähler in die diversen Krankenhäuser oder Sanatorien gehen. Den Vormittag könnte man dazu nutzen, mit den Familien der betreffenden Personen abzuklären, warum jemand, wenn er wählen möchte, nicht kommen kann – weil er, obwohl im Wählerverzeichnis eingetragen, im Krankenhaus ist.

Es müßte aus meiner Sicht administrativ machbar sein, daß nicht jene Menschen, die kurz vor einem Wahlgang krank geworden sind – aber nicht so krank, daß sie zum Wählen nicht in der Lage sind –, vom demokratischen Recht des Wählens ausgeschlossen werden. Ich denke, wenn wir auch das noch bewerkstelligen können, dann haben wir im Sinne der Demokratie wieder ein Stück gemeinsamen Weges beschritten, auf den wir aus demokratiepolitischer Sicht letzten Endes stolz sein können.

Meine Fraktion wird den heutigen Antrag unterstützen. (Beifall bei der SPÖ sowie bei Bundesräten der ÖVP und der Freiheitlichen.)

17.23

Vizepräsident Jürgen Weiss: Als nächstem Redner erteile ich Herrn Bundesrat Ludwig Bieringer das Wort. – Bitte.

17.23

Bundesrat Ludwig Bieringer (ÖVP, Salzburg): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Der vorliegende Beschluß des Nationalrates ermöglicht eine


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