Bundesrat Stenographisches Protokoll 655. Sitzung / Seite 120

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selbständige Stimmabgabe für blinde und stark sehbehinderte Personen. Diesbezüglich hat Kollege Prähauser bereits gesprochen. Gestatten Sie mir, daß ich zum Wahlrecht an und für sich ein paar Anmerkungen mache.

Zum einen stößt es mir als Gemeindewahlleiter einer Gemeinde mit 12 000 Einwohnern erheblich auf, daß wir die Wahllokale zwar um 17 Uhr schließen, aber erst um 22 Uhr mit der Stimmenauszählung beginnen dürfen. (Bundesrat Dr. Tremmel: Bei der Europawahl!) Es kann doch nicht so sein, daß wir von Wahl zu Wahl die Wahlzeiten ändern sollen! Der Bürger hat ein Anrecht darauf, daß er weiß, daß er zu einer gewissen Zeit in seiner Gemeinde die Stimme abgeben kann, und das soll auch so bleiben. In meiner Gemeinde ist dies die Zeit von 7 bis 17 Uhr. Ich denke nicht daran, die Wahlzeit zu ändern. Denn wir können sonst nicht davon ausgehen, daß wir den Bürger zur Wahl bringen. (Demonstrativer Beifall bei den Freiheitlichen.)

Wir reden immer davon, daß die Wahlbeteiligung sinkt. Wenn wir auch noch von Wahl zu Wahl die Wahlzeiten ändern, wird die Wahlbeteiligung noch mehr sinken. (Bundesrat Mag. Gudenus: So ist es!)

Da ich als Bürgermeister einer Grenzlandgemeinde an der Grenze zu Deutschland – sprich: zu Bayern – spreche, muß ich die Frage festhalten, ob es in Österreich andere Bürger gibt. Denn die Bayern schließen zwar die Wahllokale erst um 21 Uhr, fangen aber sofort mit der Stimmenauszählung an, sodaß es ohne weiters sein kann, daß eine kleine Gemeinde um bereits 21.30 Uhr das Endergebnis hat und dieses dann auch weitergibt. Ich weiß nicht, ob dadurch der Wert ein Portugiesen in bezug auf seine Stimmabgabe geschmälert oder ob er daher ein anderes Stimmverhalten an den Tag legen wird. Daß dies nur in Österreich der Fall sein kann, das kann mir, so glaube ich, niemand erklären. (Bundesrat Mag. Gudenus: So ist es!)

Ein nächster Punkt, der der ÖVP-Fraktion schon lange am Herzen liegt, ist die Einführung der Briefwahl bei Landtags- und Gemeindevertretungswahlen. (Bundesrat Dr. d′Aron: Bravo!) Es geht nicht an, daß ich, wenn am gleichen Tag Landtags- und Gemeinderatswahlen sind, mit einer Wahlkarte im jeweiligen Bundesland zwar meine Stimme für die Landtagswahl, nicht aber für die Gemeinderatswahl abgeben kann.

Ein konkreter Fall: Am 7. März waren im Bundesland Salzburg Gemeindevertretungs- und Bürgermeisterwahlen. Eine Krankenschwester hatte im Landeskrankenhaus in Salzburg Dienst zu versehen. Sie konnte zwar bei der besonderen Wahlkommission für die Landtagswahl ihre Stimme abgeben, aber den Bürgermeister und die Gemeindevertretung konnte sie nicht wählen. Ich halte das nicht für gerechtfertigt, und ich kündige heute schon an, daß die ÖVP-Bundesratsfraktion einen diesbezüglichen Antrag einbringen wird, daß bei Landtags- und Gemeindevertretungswahlen in Hinkunft auch die Briefwahl durchgeführt werden wird. (Beifall bei der ÖVP.)

Zu dem vorliegenden Gesetzesbeschluß des Nationalrates darf ich sagen, daß sich die ÖVP-Fraktion dem Antrag des Berichterstatters anschließen und gegen diesen Gesetzesbeschluß keinen Einwand erheben wird. (Beifall bei der ÖVP.)

17.27

Vizepräsident Jürgen Weiss: Als nächstem Redner erteile ich Herrn Bundesrat Dr. Peter Böhm das Wort. – Bitte.

17.27

Bundesrat Dr. Peter Böhm (Freiheitliche, Wien): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Bundesministerin! Geschätzte Damen und Herren des Hohen Hauses! Die vorliegende Novellierung der Nationalrats-Wahlordnung geht auf einen von allen Parteien beschlossenen Selbständigen Antrag des Verfassungsausschusses des Nationalrates zurück. Diesem ebenso erfreulichen wie leider allzu seltenen eigenständigen Rechtsschöpfungsakt unseres Nationalrates werden wir gerne zustimmen, und das umso mehr, als das Ziel, blinden oder stark sehbehinderten Personen auch bei den Nationalratswahlen die selbständige Stimmabgabe zu ermöglichen, uneingeschränkt zu bejahen ist. Dieses Ziel soll durch die verpflichtende Beistellung von Stimmzettelschablonen erreicht werden.


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