Bundesrat Stenographisches Protokoll 655. Sitzung / Seite 121

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Gewiß bleibt neben dieser Neuerung auch die schon bisher vorgesehene Unterstützung blinder oder stark sehbehinderter Wahlberechtigter durch Personen ihres Vertrauens in der Wahlzelle aufrecht. Zweifellos werden sich zumindest ältere Betroffene zunächst eher dieser als der neugeschaffenen Möglichkeit bedienen. Das soll auch an sich nicht in Frage gestellt werden.

Dennoch bin ich davon überzeugt, daß sich die zusätzlich eingeräumte, neue Form der Stimmabgabe zunehmend durchsetzen wird, trägt sie doch zum einen zu einer verbesserten Wahrung des Wahlgeheimnisses für den geschützten Personenkreis bei und fördert sie zum anderen in einem so wesentlichen Punkt der autonomen Willensbildung die Selbständigkeit dieser physisch beeinträchtigten Menschen. Alles, was ihnen die Ausübung ihrer Rechte erleichtert, ist von der Intention her, sie nichtbehinderten Personen möglichst gleichzustellen, nicht nur verfassungsgesetzlich geboten, sondern es ist für sie auch, insofern es sie konkret von der Hilfe Dritter unabhängig macht, eine Befreiung von der damit bisher zwangsläufig verbundenen Mediatisierung.

Als weiterer Schritt zur personalen Autonomie der Betroffenen ist diese Neuerung nicht zuletzt vom Grundprinzip freiheitlicher Selbstbestimmung – also vom zentralen politischen Leitgedanken meiner Fraktion – her voll zu begrüßen.

Einen Wermutstropfen bildet dabei lediglich der Sachverhalt, daß es offenbar nicht gelungen ist, die angesprochene Modalität der Stimmabgabe auch Auslandsösterreichern beziehungsweise zum Wahltermin im Ausland weilenden Österreichern zugute kommen zu lassen. Das war nach der Information, die wir im Ausschuß dazu erhalten haben, weder technisch noch fiskalisch umsetzbar. Es behandelt sie aber dann den übrigen Wählern nicht gleich.

Zuletzt bedauern wir schließlich, daß die vorliegende Änderung der Nationalrats-Wahlordnung nicht zum Anlaß genommen worden ist, die von uns bereits seit geraumer Zeit geforderte Möglichkeit der Briefwahl und des Wählens auf Depot zu schaffen. Aber dies wird mein dazu fach-lich berufener Kollege Dr. Tremmel noch näher ausführen.

Diese unerfüllten Anliegen werden uns Freiheitliche aber nicht daran hindern, dieser Vorlage als einem Schritt auf dem Weg zu mehr persönlicher wie auch politischer Selbstbestimmung vorbehaltlos zuzustimmen. – Ich danke. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

17.30

Vizepräsident Jürgen Weiss: Als nächstem Redner erteile ich Herrn Bundesrat Dr. Paul Tremmel das Wort. – Bitte.

17.30

Bundesrat Dr. Paul Tremmel (Freiheitliche, Steiermark): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Ich sehe eine sehr breite Vertretungsbefugnis, die Sie hier haben. Es sei mir erlaubt, da die zuständigen Beamten da sitzen – Herr Ministerialrat Berger und Herr Oberrat Stein –, auch einen Dank an die Beamtenschaft dahin gehend auszusprechen. Wir meinen heute, daß wir damit eine bürokratische Vereinfachung geschaffen haben. Leider ist es nicht ganz so. Es ist hingegen so – das kann ich als beamteter Wahlleiter der Stadt Graz sagen –, daß immer wieder durch entsprechende Erlässe des Bundesministeriums für Inneres auch Erleichterungen geschaffen werden. – Das ist das eine, was ich sagen möchte.

Zum anderen darf ich Sie, meine Damen und Herren, und vor allem dich, lieber Ludwig (Bundesrat Bieringer deutet militärisch Haltung an)  – du braucht nicht habtacht zu stehen, du bist karenziert (Heiterkeit), ich meine, vom Bundesheer bist du karenziert –, daran erinnern, daß wir in der letzten Ausschußberatung unter anderem einen Antrag – noch dazu einen solchen der ÖVP – vertagt haben, der sich mit der Briefwahl befaßt. Ich kann die Welt nicht mehr ganz verstehen: Es wird einerseits angekündigt, daß ein solcher Antrag eingebracht wird – und am Vortag ist genau der gleiche Antrag vertagt worden!

Darüber hinaus halte ich fest, daß hier unter den einzelnen Fraktionen schon lange Einhelligkeit und Einstimmigkeit über den Modus der Briefwahl und auch über das Wählen auf Depot herrscht. Das heißt, ich fordere eine Wahlkarte an, kann sofort bei der zuständigen Wahlbehörde wählen, und die Stimme wird am Wahlsonntag ausgezählt. Das ist das Wählen auf Depot,


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