Bundesrat Stenographisches Protokoll 655. Sitzung / Seite 146

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Ich war – da bin ich, so glaube ich, in diesem Raum der einzige – am Sonntag im Tunnel anwesend, als Bundeskanzler Klima dort die Katastrophe begutachtete. Wir waren 800 Meter weit im Tunnel drinnen. Ich habe die Ausmaße der Katastrophe und die Auswirkungen mit eigenen Augen gesehen und mir lebhaft ausmalen können, welches Leid diese Menschen dort aushalten mußten und welche Todesangst dort geherrscht haben muß.

Ich vermisse aber – bei aller Tragik – auch den Hinweis darauf, daß dort eine Kette von menschlichem Versagen mit zum Auslöser dieser Katastrophe wurde. Man kann heute in den Zeitungen lesen – da jetzt anscheinend immer klarer wird, wie der Vorgang dieser Katastrophe rekonstruiert werden kann –, daß es dort eine Reihe von menschlichen Fehlüberlegungen gab, daß Autofahrer zu knipsen begannen, daß Insassen von PKWs Koffer umpackten, daß man glaubte, im Auto sitzen bleiben und abwarten zu können, bis sich das wieder beruhigt hat, und daß erst, nachdem nach gut einer Viertelstunde die erste Explosion stattgefunden hatte, für viele dort der Ernst der Lage augenscheinlich wurde.

Man hat auch vergessen, darüber zu reden oder ins Kalkül zu ziehen, daß es auf der Straße selbstverständlich so ist, daß sich jeder entsprechend verhalten soll. Wir alle wissen: Wer hinten auffährt, ist in erster Linie zur Verantwortung zu ziehen. Das war kein Minister, das war kein Bundeskanzler, das war kein Landesregierungsmitglied – das war auch in dieser Hinsicht menschliches Versagen!

Ich möchte hier nicht anklagen, sondern nur darum bitten, dies bei aller Traurigkeit nicht zu vergessen.

Ich möchte, da ich aus Salzburg komme, dem Hohen Bundesrat auch mitteilen, wie es dazu gekommen ist, daß der Tauerntunnel und der Katschbergtunnel keine zweite Röhre haben. Es scheint vergessen worden zu sein, daß es 1988 gerade die FPÖ war, die zusammen mit den Grünen in einer ganz eigenartigen Konstellation dafür Sorge trug, daß diese zweite Röhre auf keinen Fall gebaut werden würde. Da waren die Grünen aus Gründen ihrer ökologischen Sichtweise noch zu verstehen, und da war es die Argumentation der Freiheitlichen – diese ist im Landespolitischen Komitee niedergeschrieben –: Wir sind nicht das Durchhaus für Nordeuropa und lehnen daher im Interesse der betroffenen, an der Tauern Autobahn wohnenden Bevölkerung, aber auch, was dann Kärnten betrifft, einen weiteren Ausbau zu einer schnellfahrenden Autobahn ab. – Man hat dann auf eine italienische Variante südlich des Brenner verwiesen: So etwas wollen wir auf keinen Fall.

Diese Diskussion, die ein halbes Jahr vor den Landtagswahlen 1989 in Salzburg stattgefunden hatte, führte tatsächlich dazu, daß es letztendlich diesen zwei kleinen Parteien gelang, die Bevölkerung entsprechend aufzuwiegeln. Das war bei 21 Gemeinden, die an die Autobahn angrenzen, nicht schwierig. Dort wurde in schlimmsten Zahlen formuliert, was auf uns zukommt, und letztendlich wurde der Druck so groß, daß sich die Landesregierung einvernehmlich mit den anderen Oppositionsparteien darauf einigte, auf den Ausbau des Tunnels zu verzichten. (Bundesrat Dr. Tremmel: Also, ihr wart auch dagegen!)

Der Bund hat uns mitgeteilt, daß, wenn wir das bereitgestellte Geld nicht annehmen wollen, daran für Bauvorhaben in Kärnten bereits großes Interesse besteht. Der Ausbau des Kärntner Tunnelnetzes wurde dann mit jenen Geldern finanziert, die in Salzburg, im Lungau, nicht zum Tragen kamen. Wir wußten, als wir uns damals im Vorfeld der Landtagswahl der augenscheinlichen Mehrheit beugten, daß 20 Jahre lang nicht mehr das Geld vorhanden sein wird, um diesen Tunnel so auszubauen, wie wir uns das vorgestellt hätten.

Meine Damen und Herren! Ich darf auch sagen, daß ich, wenn ich den heutigen Antrag der Freiheitlichen lese, eigentlich nur feststellen kann, daß man darin nach dem Floriani-Prinzip, aber umgekehrt, vorgeht: Alles für Kärnten, der Rest ist nichts. Ich darf darauf aufmerksam machen, daß es auch in anderen Ländern Urlauber gibt. Ich darf darauf aufmerksam machen, daß sich der Tunnel im Lungau befindet – mit dem Pongau in Verbundenheit –, daß auch die Pendler sowie die Wirtschaft des Lungaus arg betroffen sein werden und daß sie die einzige Verbindung letztendlich nicht mehr nutzen können.


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