Bundesrat Stenographisches Protokoll 656. Sitzung / Seite 137

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Meine Damen und Herren! Wenn wir von Trägern von Meinungsvielfalt sprechen, dann kann man sagen, es ist in der letzten Zeit ein weiterer Träger von Meinungsvielfalt geschaffen worden, der an vielen von uns bisher vorbeigegangen ist, nämlich der Privatrundfunk. Der Privatrundfunk hat ohne irgendwelche Unterstützung zu bestehen – dazu stehe ich auch –, und zwar ausschließlich aufgrund seiner finanziellen Hintergründe oder der Tüchtigkeit, Sekunden zu verkaufen. Allerdings hat der Gesetzgeber hier die Möglichkeiten, privatwirtschaftlich gut zu arbeiten, sehr eingeengt. Ich denke an die kommunalen Radios, für die vom Gesetzgeber festgelegt wurde: Eine Hörerreichweite von 150 000 darf nicht überschritten werden.

Meine Damen und Herren! Ich frage Sie: Glaubt jemand in diesem Raum, daß man mit einem Potential von 150 000 Hörern in der Werbewirtschaft bestehen kann und dafür entsprechend Mittel freimacht, damit man Angestellte in einem Radio auch bezahlen kann? – Ich glaube es nicht.

Ich verlange aber keine Förderung für Privatradios, meine Damen und Herren, ich verlange nur gerechtere Grundlagen. Ich verlange, daß wir sehr bald darüber nachdenken sollten, daß einmal die Grenze von 150 000 fallen muß. Wen schützt man damit? – Ich weiß es nicht. Es kann nicht so sein, daß wir ein zweites Monopol nach dem ORF schaffen, indem wir regionale Radios schützen. Das kann nicht im Sinne des Erfinders sein. Hier müssen wir alsbald tätig werden, um – das ist das entscheidende für die nächste Zeit – einer Variante des ORF zu begegnen, der einen vierten Kanal österreichweit schaffen wird – FM 4 gibt es an sich, aber mit einem neuen Erscheinungsbild –, denn da werden dann die letzten Privaten natürlich sehr stark in Bedrängnis kommen.

Ich sehe daher Handlungsbedarf für uns. Auf der einen Seite kommt der ORF seinen Aufgaben nach, wie es ihm der Staat aufträgt, er hat die Möglichkeit, sich durch Pflichtbeiträge entsprechend mit Finanzmitteln auszustatten, er hat die Möglichkeit, durch seine Präsenz in Österreich natürlich entsprechend Werbekunden zu lukrieren, und er hat auch noch die Möglichkeit, für sich selbst bei sich selbst zu werben.

Ich mache den Vorschlag, daß in der Höhe des Werbeaufwandes für Rundfunk und TV landesweit – das ist kein Problem – auch den lokalen Betreibern in den Landes-TV-Sendungen Fenster geschaffen werden müssen, um ebenso werben zu können wie der ORF für seine Radioprogramme im TV. Das wäre für mich eine Verbesserung des Wettbewerbs, das wäre gerechter. Wenn man davon ausgeht, daß für Radios auf privater Ebene keinerlei Steuerschillinge vorgesehen sind, dann sollte man auch darüber nachdenken, wie die Lebensfähigkeit dieser Radios gewährleistet werden kann. Ansonsten, meine Damen und Herren, sind 700 Arbeitsplätze über Nacht gefährdet gegenüber vielleicht 20, die für FM 4 zusätzlich geschaffen werden. Das kann nicht im Sinne von Meinungsfreiheit, von Medienvielfalt, von Qualität sein.

Meine Fraktion wird das Gesetz mitbeschließen, aber ich rege an und bitte auch alle anderen Fraktionen, in der zweite Phase mit dafür zu sorgen, daß auch den neuen Trägern von Meinungsvielfalt, den Privatradios, die Chance gegeben wird, zu überleben. – Ich danke Ihnen. (Beifall bei der SPÖ und bei Bundesräten der ÖVP.)

17.16

Vizepräsident Dr. Milan Linzer:  Weiters zu Wort gemeldet hat sich Herr Bundesrat Mag. John Gudenus. Ich erteile ihm dieses.

17.16

Bundesrat Mag. John Gudenus (Freiheitliche, Wien): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Dieses Bundesgesetz, das das Presseförderungsgesetz von 1985 ändern soll, zeigt, daß die Idee des Förderungswesens pervertiert wird.

Natürlich soll man fördern, man soll auch Medien fördern, aber die Medien, die wir kennen, seit Jahr und Tag an den staatlichen Tropf zu hängen, heißt, diese in die totale Abhängigkeit derer zu bringen, welche die finanziellen Zuwendungen leisten.


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