Bundesrat Stenographisches Protokoll 656. Sitzung / Seite 195

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zu Wort melde, weil ich darüber gekränkt wäre, daß Sie mir im Ausschuß für Verfassung und Föderalismus nicht die Ehre zuteil werden ließen, heute dem Plenum zu unserem eigenen Antrag Bericht zu erstatten – mag dieses kleinliche Verhalten auch der bisher gepflogenen Usance widersprechen. Nein, was ich wirklich bedauere und was meine Fraktion nicht mehr versteht, ist die Ablehnung unseres Selbständigen Antrages betreffend Abhaltung einer Enquete.

Denn weshalb haben die Koalitionsparteien diesem unserem Antrag nicht zugestimmt? Wäre er etwa demokratiepolitisch nicht zu rechtfertigen gewesen? – Geht es doch bei der Kontrolle der Regierung um eine der wenigen, dem Parlament noch real verbliebenen Kompetenzen. Ich frage Sie, meine Damen und Herren: Wäre die von uns vorgeschlagene Enquete nicht auch ein Beitrag zur Stärkung des Föderalismus und der Aufwertung des Bundesrates als Länderkammer gewesen? (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Hätte es uns nicht gutgetan, wenn wir an der entsprechenden Willensbildung zur Nominierung der EU-Organe hätten mitwirken können?

Sie haben uns dabei im Ausschuß unterstellt, wir hätten verkannt, daß die Entscheidung über die Ernennung der EU-Kommissare bei der Europäischen Union – präziser: beim Präsidenten der EU-Kommission und dem EU-Parlament, das die Kommissare zu bestätigen hat – liege. Diesen Nachhilfeunterricht über den Amsterdamer Vertrag hatten wir nicht nötig, das weise ich zurück, das war uns stets bewußt. Ebenso war uns aber auch bewußt, daß die Regierungen der Mitgliedsstaaten – also auch Österreichs – dabei doch unleugbar eine ganz wesentliche Rolle spielen.

Soll und darf das Parlament an diesem Vorschlagsrecht der Bundesregierung nicht kontrollierend Anteil nehmen, oder wollen nur Sie, meine Damen und Herren von der ÖVP und der SPÖ, das nicht, weil Sie ohnehin schon in koalitionärer Absprache, womöglich im üblichen proporzmäßigen Abtausch, Ihre Personalentscheidungen längst getroffen haben? – Wir nehmen doch nicht an, daß Sie Persönlichkeiten vorschlagen wollen, die man dem Parlament nicht präsentieren könnte!

Bedauern Sie doch künftig in Festreden nicht mehr, daß Sie die Bedeutung des Bundesrates in Öffentlichkeit und Medien nicht ausreichend anerkannt sehen, wenn Sie selbst es sind, die wieder einmal die Chance zu seiner Aufwertung verspielen.

Abschließend appelliere ich daher an alle Kollegen von ÖVP und SPÖ: Überdenken Sie bitte Ihre demokratiepolitische Haltung! – Ich danke. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

21.19

Vizepräsident Dr. Milan Linzer: Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor.

Wünscht noch jemand das Wort? – Es ist dies nicht der Fall.

Die Debatte ist geschlossen.

Wird von der Berichterstattung ein Schlußwort gewünscht? – Dies ist nicht der Fall.

Wir kommen nunmehr zur Abstimmung über den Antrag der Bundesräte Ludwig Bieringer und Albrecht Konecny auf Kenntnisnahme des gegenständlichen Berichtes des Ausschusses für Verfassung und Föderalismus.

Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, den vorliegenden Bericht zur Kenntnis zu nehmen, um ein Handzeichen. – Dies ist Stimmenmehrheit .

Der Antrag auf Kenntnisnahme des Berichtes ist somit angenommen .

Die Tagesordnung ist erschöpft.


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