Bundesrat Stenographisches Protokoll 657. Sitzung / Seite 77

Home Seite 1 Vorherige Seite Nächste Seite

Im Ergebnis bejahen wir auch die Einführung der DNA-Analyse. Gewiß handelt es sich dabei um einen Eingriff in einen an sich grundrechtlich geschützten Bereich. Sie erinnern sich vielleicht daran, daß ich als einer der wenigen im Hause gegen die Einführung des sogenannten Großen Lauschangriffs gesprochen und gestimmt habe. Dennoch meine ich, daß die Güterabwägung hier eindeutig zugunsten dieser modernen Methode der kriminaltechnischen Ermittlung ausfällt; das umso mehr, als bei der DNA-Analyse – anders als beim Großen Lauschangriff – unbeteiligte Dritte und ihre Privatsphäre sowie anerkannte Verschwiegenheitspflichten nicht betroffen sind.

Hingegen sind wir nicht damit einverstanden, daß sich der Gesetzgeber anläßlich dieser Novelle nicht zur projektierten erweiterten Gefahrenerforschung durchringen konnte. Zwar stehe ich auch ihr nicht völlig unkritisch gegenüber – dies aus einer gewissen, vermutlich aus meinem Zivilberuf herrührenden, Sensibilität für die Wahrung der Grundrechte. Aber dennoch bedauere ich – erneut im Sinne der Interessenabwägung und des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit –, daß diese notwendige Form der präventiven Gefahrenabwehr nicht realisiert werden konnte, und daß das selbst angesichts der so bedrohlichen Dimension der grenzüberschreitenden organisierten Kriminalität nicht gelungen ist. Weshalb nicht? – Weil es an der Uneinigkeit der Koalitionsparteien – ich nenne sie bewußt nicht -"partner" – über dieses zentrale Thema der inneren Sicherheit unseres Landes gescheitert ist und weil Sie, sehr geehrter Herr Bundesminister, sich dabei nicht durchsetzen konnten.

Ein solches Instrument rechtsstaatlicher Prävention wäre nach meiner Überzeugung zumindest dann geboten, ja heute bereits unverzichtbar, wenn aufgrund konkreter Anhaltspunkte mit hoher Wahrscheinlichkeit damit zu rechnen ist, daß von Einzelpersonen oder von einer Personengruppe, insbesondere von einer Organisation, kriminelle Aktivitäten unternommen werden, durch die die öffentliche Sicherheit schwer gefährdet wird. In einer solchen Situation zuzuwarten, bis die bereits absehbaren Straftaten begangen worden sind, ist ein verantwortungsloses Spiel mit dem Schutz der rechtstreuen Bevölkerung!

Der zweite gravierende Einwand richtet sich gegen den sogenannten Menschenrechtsbeirat, gegen den wir echte Bedenken hegen. Das keineswegs deshalb, weil wir nicht davon überzeugt wären, daß die Exekutive bei ihrer verantwortungsvollen Aufgabe selbstverständlich an die Einhaltung der Menschenrechte gebunden ist. Das ergibt sich sowohl aus verfassungsrechtlichen wie auch aus völkerrechtlichen Verpflichtungen, aber im Grunde versteht es sich bereits aus den Postulaten eines materiellen Rechtsstaates von selbst. Diese normativen wie auch rechtsethischen Vorgaben sind mit anderen Worten nicht neu. Daß sie erst anläßlich eines tragischen Anlaßfalles in Erinnerung gerufen werden mußten, wollen wir daher nicht glauben!

Daher meinen wir Freiheitlichen, daß die neuerdings so genannte Sicherheitsexekutive und ihre rechtlich und politisch verantwortliche Ressortleitung dieser Bindung aus eigenem entsprechen müßte. Wenn es dazu tatsächlich erst eines Beirates bedürfte, dann wäre das für sich allein schon als Offenbarungseid einer rechtsstaatlichen Vollziehung in diesem sensiblen Bereich zu bewerten!

Ob zudem die Zusammensetzung dieses nunmehr etablierten Beirates geglückt ist, bezweifeln wir ernsthaft. Gewiß ist den Mitgliedern Unabhängigkeit zugesichert – wenngleich sie auch abziehbar sind – und sind die vorgesehenen Einzelpersonen, wie auch die meisten Institutionen, dem Schutze der Menschenrechte verpflichtet. Manche der in Betracht kommenden und in die nähere Auswahl gezogenen Institutionen haben sich allerdings dem Verdacht ausgesetzt, über ihre ideelle Aufgabe hinausgegangen zu sein und in der Praxis selbst solche Personen unterstützt zu haben, die kriminell geworden sind. In dieser Hinsicht verweise ich auf das Milieu von Drogendealern. Ersparen Sie mir die Nennung einzelner Institutionen, die ich – von solchen Fehlleitungen abgesehen – im übrigen wegen ihres sozialen und humanitären Engagements durchaus schätze.

Nach der gegen Sie, sehr verehrter Herr Bundesminister Schlögl, entfesselten Kampagne in bestimmten Medien – gewiß nicht solchen, die meiner Fraktion nahestehen – verstehe ich auch, daß Sie als so schwer angegriffener Minister darüber erfreut waren, daß Sie diesmal sogar von Amnesty International Beifall erhalten haben – ein für Ihr Ressort allerdings eher seltenes Lob.


Home Seite 1 Vorherige Seite Nächste Seite