Bundesrat Stenographisches Protokoll 657. Sitzung / Seite 108

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Gott sei Dank gab es 1978, wie auch schon Vorredner von mir erwähnt haben, eine Volksabstimmung in diesem Bereich, bei der das österreichische Volk den richtigen Weg erkannte. Auch 1980 hat sich das österreichische Volk bei einer Abstimmung gegen die Inbetriebnahme dieses AKW ausgesprochen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren von der SPÖ! Diese Altlasten strahlen noch immer ein wenig. Atompolitik hat eben eine lange Halbwertszeit. Man muß Ihnen allerdings eines lassen: Sie haben den Zeitgeist, zumindest den österreichischen Zeitgeist erkannt. Sie werden in letzter Zeit nicht müde, sich als Hüter eines atomfreien Österreichs in die Schlagzeilen zu bringen. Das ist auch in Ordnung so. Sie haben diesbezüglich unsere volle Unterstützung. Nur sollte natürlich auch in Betracht gezogen werden, daß man das, was man in Österreich den Wählerinnen und Wählern erzählt, auch im Ausland vertreten sollte.

So mußte ich bei der Durchsicht der Unterlagen mit Erstaunen feststellen, daß Mitglieder des Umweltausschusses in Prag auf Besuch waren und die Abgeordneten unseres befreundeten Nachbarlandes eigentlich nicht sehr genau über die Linie der österreichischen Atompolitik, der österreichischen Anti-Atompolitik informiert haben. Ich glaube, diesbezüglich blieben einige Regierungsmitglieder einiges schuldig.

Die interessanteste Haltung im Bereich der Atompolitik vertritt meines Erachtens zurzeit die ÖVP. Ich komme leider nicht umhin, dies zu sagen. Vielleicht sollten wir hier nicht mit den Altlasten anfangen, sondern eher mit den Neulasten. Ich verweise auf die Rede des Spitzenvertreters der ÖVP, in der er wie mein Vorredner von der ÖVP klar zugibt – ich zitiere wörtlich –: Ich erinnere mich, gemeinsam mit dem Präsidenten der Industriellenvereinigung am Flughafen gewählt zu haben. Beide haben wir gesagt, wir sind zwar eigentlich für Kernkraft, aber Kreisky können wir nicht wählen.

Es zeugt nicht von besonderer Sachkompetenz, wenn man solch wichtige Entscheidungen für ein Volk von einer Position abhängig macht, anstatt sich sachlich mit diesen Fragen auseinanderzusetzen. Dies ist aber anscheinend doch auch geschehen. Gott sei Dank kommt es heute zu diesem Gesetzesbeschluß.

Es gibt allerdings auch eine gewisse Verhinderungstaktik des Herrn Khol, der vielleicht doch ein wenig damit geliebäugelt hat, einige Raketen zumindest zur atomaren Abschreckung unseres Ostfeindes aufzustellen. Es ist auch das überwunden worden.

Einen Supergau – so möchte ich es bezeichnen – der ÖVP-Atompolitik möchte ich schon noch zur Sprache bringen. Das betrifft die Abstimmung auf europäischer Ebene, auf der die Stimme Österreichs – ich nehme hier eine Anleihe bei Karl May – anscheinend mit "gespaltener Zunge" gesprochen hat. Leider haben die österreichischen Abgeordneten der ÖVP im Europäischen Parlament gegen eine Neufassung der EURATOM-Verträge gestimmt, was uns allen, wie ich meine, auch Ihnen, sehr leid tut. Da wäre sicherlich Nachholbedarf gewesen.

Aber um diese gespaltene Zunge in diesem Bereich noch ein bißchen zu verstärken, gibt es noch eine kleine Facette, die man hier nicht unerwähnt lassen sollte. Am 13. Juli wurde dieses Gesetz im Nationalrat beschlossen, und zusätzlich zu diesem Gesetz wurde auch beschlossen, daß es einen Aktionsplan geben sollte, einen Aktionsplan für österreichische Atompolitik im europäischen Zusammenhang.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir kommen hier, wie ich meine, in einen sehr wichtigen Bereich der Politik und vor allem auch der Regierung. Der erste Satz dieses Aktionsplans spricht meiner Ansicht nach allen Österreichern und Österreicherinnen – ich weiß nicht, wie viele ihn gelesen haben –, auch mir wirklich aus der Seele. Hier steht: Für die Bundesregierung hat die Sicherheit der Bevölkerung oberste Priorität. In diesem Zusammenhang ist besonders die Sicherheit grenznaher Kernkraftwerke für Österreich von vitalem Interesse. – Frau Bundesministerin! Das ist zumindest in dem Brief zu lesen, welchen Sie Dr. Jörg Haider geschrieben haben.


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