Bundesrat Stenographisches Protokoll 657. Sitzung / Seite 182

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19.56

Bundesrat Engelbert Schaufler (ÖVP, Niederösterreich): Geschätzte Frau Präsidentin! Geschätzte Frau Ministerin! Vielleicht vorerst ein paar Worte zur Kollegin Haunschmid. Mir tut es im Gegensatz zu Ihnen leid, daß vor Jahren ein Sozialversicherungsinstitut, nämlich die eigenständige Krankenkasse der land- und forstwirtschaftlichen Dienstnehmer, abgeschafft wurde, weil dieses Institut speziell auf Branchenwünsche eingehen konnte. Daß Sie aber zum zweiten die Dienstnehmer der Sozialversicherungsinstitute in Zelte verbannen wollen, geht, glaube ich, denn doch ein bißchen zu weit! Und daß Sie – zum dritten – der Frau Bundesministerin raten, doch im Gastgewerbe tätig zu werden, um endlich Gesetze – die österreichischen Sozialgesetze – lesen zu können (Bundesrätin Haunschmid: Das habe ich nicht gesagt!), das finde ich ein bißchen stark! (Heiterkeit und Beifall bei Bundesräten der ÖVP und der SPÖ.)

Aber die Frau Bundesministerin hat erklärt, daß wir am Ende dieser Sitzung – ob heute oder morgen – feststellen werden, daß sehr viel und nicht wenig passiert ist. Ich darf für mich in Anspruch nehmen, daß mir zu viel passiert ist! Was meine ich damit? – Wenn ich zu einem Tagesordnungspunkt nein sage, dann begründe ich das auch. Mir geht es um den Tagesordnungspunkt 34, um die Novelle zum Bauern-Sozialversicherungsgesetz.

Jetzt werden sich viele fragen: Was kümmert ihn das? – Das kümmert mich sehr viel. Kollege Gruber hat angezogen, daß es durch dieses Gesetz neben all dem Positiven für die Bäuerinnen – das streiche ich durchaus hervor – zu einer Klarstellung zwischen Gewerbe und Landwirtschaft gekommen sei. Bedauerlicherweise kommt das gleiche Gesetz aber zu einem völlig anderen Ergebnis im Bereich der selbständigen bäuerlichen land- und forstwirtschaftlichen Tätigkeit und den Dienstnehmern in diesem Bereich. Auf einmal werden nämlich Tätigkeiten, die bisher klassische Dienstnehmertätigkeiten waren, in die Bauernversicherung einbezogen, eine Bestimmung, die im letzten Moment ins Gesetz geschlüpft ist, im Erstentwurf war davon nichts zu lesen. So heißt es etwa im Erstentwurf noch recht schön – ich zitiere –: "Auswirkungen auf die Beschäftigung und den Wirtschaftsstandort Österreich: keine." – Kurz und prägnant!

Die Wirklichkeit wird durch diese "Anlage 2" völlig anders. Schweinetätowierer, Milchprobenehmer – davon gibt es bitte derzeit in Österreich etwa 500 bis 600 als Dienstnehmer Beschäftigte –, Besamungstechniker, Fleischklassifizierer, Saatgut- und Sortenberater – das sind die Punkte, um die es mir geht. Auf diesem Gebiet werden wir auf Sicht gesehen Arbeitsplätze in ländlichen, gerade in strukturschwächeren Bereichen verlieren.

Was mich ganz besonders stört, ist, daß es keinerlei sozialpartnerschaftliche Gespräche darüber gab, aber auch, daß kein Entwurf, in dem diese "Anlage 2" dabei gewesen wäre, an die freiwilligen oder gesetzlichen Interessenvertretungen ergangen ist. Jene Bereiche, die davon betroffen sind – die Sektion Land- und Forstwirtschaft der Gewerkschaft der Privatangestellten, die Fachgruppe 7 im Bereich der Agrar-Nahrung-Genuß und auch die gesetzlichen Interessenvertretungen über den österreichischen Landarbeiterkammertag – haben im letzten Moment noch versucht, nachzufragen, weil auf der Gerüchtebörse diesbezüglich etwas zu hören war. – Nein, es sei nichts im Busch, wurde gesagt!

Im Endeffekt wurde es im Nationalrat dann doch so beschlossen, wie befürchtet und wie soeben ausgeführt. Nun hat es gestern eine Resolution gegeben – und ich kann nur mit Kishon – der, glaube ich, sagte: Glück im Unglück ist ... – sagen: Glück im Unglück ist, daß diese Resolution mehr bewirkt hat als die Stellungnahme vom 5. Juli. Denn auf diese hat es keine Reaktion gegeben.

Ich lese Ihnen diese Resolution gerne vor, wenn ich das darf – sie ist nicht allzu lange –: "Resolution: Mit Bedauern und großem Unmut haben wir die Änderung des BSVG zur Kenntnis genommen. Durch die Maßnahmen sind Arbeitsplätze im ländlichen Raum höchst gefährdet. Dies widerspricht eklatant dem klaren Bekenntnis zu einer erfolgreichen Beschäftigungspolitik. Besonders in ländlichen Randgebieten stehen bei Arbeitsplatzverlust keine anderen Arbeitsplätze zur Verfügung. Sehr befremdend ist die Tatsache, daß die freiwillige Arbeitnehmer-Interessenvertretung – Gewerkschaft der Privatangestellten, Sektion Land- und Forstwirtschaft – von den beabsichtigten Maßnahmen weder informiert noch das Gespräch mit ihr gesucht wurde. Im


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