Bundesrat Stenographisches Protokoll 657. Sitzung / Seite 265

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zu vermeiden, was den prekären Eindruck unserer Inaktivität und damit unserer Nutzlosigkeit bestärken könnte. Dazu gehört jedenfalls, daß wir die uns zur Entscheidung aufgegebenen Themen erledigen, und zwar vollständig und innerhalb angemessener Zeit.

Nicht zuletzt deshalb hat meine Fraktion die unerfreuliche Tatsache, daß der Bundesrat zahllose, auch lange Zeit zurückreichende Selbständige Anträge nicht behandelt hat, zum Anlaß für einen entsprechenden Antrag zur Änderung der Geschäftsordnung des Bundesrates genommen. Wir streben damit an, daß Selbständige Anträge binnen eines halben Jahres vorberaten und binnen eines weiteren halben Jahres auch erledigt werden müssen. Die zeitlich weit länger zurückreichenden Anträge – viele Jahre zurückreichend – haben wir mit dem Verlangen auf befristete Erledigung reaktiviert, soweit sie uns noch aktuell erschienen – und das nicht nur in bezug auf unsere eigenen, sondern auch von Mandataren anderer Parteien eingebrachte Anträge.

Die Regierungsparteien waren jedoch zur Erledigung dieser von uns aktualisierten Anträge – und zwar bemerkenswerterweise auch ihrer eigenen – leider nicht bereit. Sie wollen in ihrem eigenen Antrag zum Geschäftsordnungsgesetz vielmehr festlegen, daß alle Anträge von selbst entfallen sollen, wenn kein Mitglied des Bundesrates diesem Organ mehr angehört, das diesen Antrag jemals unterstützt hat.

Diese Lösung unterstellt freilich, daß jeder Antrag mit der Person, die ihn eingebracht hat, untrennbar verbunden ist. Wir sehen das anders. Unsere Position stellt sich dem gegenüber so dar: Wir gehen zwar auch – darin stimmen wir überein – davon aus, daß ein im Bundesrat einmal eingebrachter Antrag nicht wie im Nationalrat mit dem Ablauf der Legislaturperiode verfallen kann, weil es für den Bundesrat ja keine solche gibt, der ja vielmehr permanent besteht und tagt, hingegen nehmen wir nicht an, daß der im Bundesrat eingebrachte Antrag an den Mandatar, der diesen Antrag für seine Fraktion initiiert hat, personell rückgebunden ist. Anträge sind mit anderen Worten durch ihren Inhalt und nicht durch die Person des Antragstellers individualisiert.

Meines Erachtens können daher durchaus auch andere Mitglieder des Bundesrates, die der Fraktion der damaligen Antragsteller angehören, diesen Antrag auch wieder zurückziehen, wenn sie ihn für überholt erachten. Andernfalls, wenn das nicht geschieht, bleibt er selbstverständlich unverändert anhängig und ist der parlamentarischen Behandlung zu unterziehen. Insofern kann ich nicht verstehen, weshalb die Repräsentanten der Regierungsparteien unserem Antrag auf Änderung des Geschäftsordnungsgesetzes nicht beitreten.

Für den Fall, daß komplexe Materien einer längeren Erörterung und Behandlung in den parlamentarischen Gremien bedürfen – das kann durchaus zutreffen –, sehen wir in unserem Antrag ohnehin die Möglichkeit vor, eine abweichende, das heißt eine ein halbes Jahr überschreitende, Fristsetzung vorzunehmen.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich lade Sie dazu ein: Nehmen Sie die Gelegenheit wahr, dem Ansehen des Bundesrates und seiner Glaubwürdigkeit insbesondere in bezug auf seine Funktionsfähigkeit zu nützen, indem Sie unserem Antrag auf Änderung des Geschäftsordnungsgesetzes beitreten! (Präsident Weiss übernimmt den Vorsitz.)

Die in der Präsidiale bekundete Bereitschaft, die Selbständigen Anträge künftighin zeitgerecht zu behandeln, ist wohl eine erfreuliche Absichtserklärung, aber durchaus noch keine verbindliche Regelung. Das in der Vergangenheit geübte Vorgehen eignet sich nicht gerade als vertrauensbildende Maßnahme in diese Richtung.

Deshalb halten wir auch an unserem Antrag auf entsprechende Abänderung des Geschäftsordnungsgesetzes fest. Wir ersuchen Sie, im Interesse des Ansehens unseres Hohen Hauses diesem unseren Antrag zuzustimmen. – Ich danke. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

13.31

Präsident Jürgen Weiss: Als nächstem Redner erteile ich Herrn Bundesrat Albrecht Konecny das Wort. – Bitte.


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