Bundesrat Stenographisches Protokoll 657. Sitzung / Seite 266

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13.31

Bundesrat Albrecht Konecny (SPÖ, Wien): Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Es hat in den letzten zwei Tagen aus naheliegenden Gründen mehr als eine Gelegenheit gegeben, bei Debatten in diesem Saal und in Gesprächen mit den in bemerkenswerter Vielzahl diesen Bundesrat umschwirrenden Medienvertretern Meinungen zur Reform, zur Aufwertung, zur Bedeutungsverstärkung des Bundesrates zum Ausdruck zu bringen.

Wir haben gelesen und gehört, was nach Ansicht einzelner Mitglieder des Bundesrates diesem nützen würde. Ich habe nicht die Absicht, hier in die Tiefe einer Debatte darüber einzugehen, möchte aber ein paar Sätze, die ich schon beim vorvorigen Tagesordnungspunkt gesagt habe, ganz klar wiederholen.

Ein Bundesrat, der seinem inneren Charakter nach kein parlamentarisches Gremium ist, wäre tatsächlich entbehrlich. Ein Gremium, in dem Auftragsverhältnisse wie in der Hauptversammlung einer Aktiengesellschaft herrschen, ist tatsächlich entbehrlich. Die Vorstellung, daß irgend jemand – von mir aus auch die Landtagspräsidenten oder die Landeshauptleute – mit den Bundesräten wachelt wie mit einem Aktienpaket, läßt sich mit meinen demokratiepolitischen Vorstellungen nicht vereinbaren. (Beifall bei der SPÖ.)

Daß wir die Interessen der Länder und des Landes, das uns entsendet hat, zu vertreten haben, ist unsere Verfassungsaufgabe. Aber was im Interesse dieses Landes liegt, obliegt nicht einer Meinungsbildung des Landeshauptmannes oder der Landesregierung und nicht einmal der Mehrheitsentscheidung des Landtages.

Ich möchte mir als Bürger und Mandatar des Landes Wien die Entscheidung darüber, was im Interesse des Bundeslandes, das ich hier zu vertreten habe, liegt, nach gründlicher Abwägung sehr wohl selbst vorbehalten. Daß ich mich dabei mit den allenfalls zuständigen Mitgliedern der Landesregierung, dem Landeshauptmann oder Mandataren meiner Partei beraten werde, das ist selbstverständlich. Aber als Parlamentarier halte ich daran fest, daß das meine Entscheidung ist.

Ich möchte, gerade weil ich weiß oder weil ich darunter leide – lassen Sie es mich so formulieren –, daß meine Partei in einer Reihe von Bundesländern, in der großen Mehrzahl der Bundesländer nicht die stärkste ist, mir nicht vorstellen, daß Mandatare ein Abstimmungsverhalten zu vollziehen haben, das ihnen auferlegt wird und das ihrer eigenen politischen Überzeugung nicht entspricht. Ich möchte das auch den Wiener Bundesräten der ÖVP nicht zumuten und den Bundesräten der FPÖ aus acht Bundesländern ebenfalls nicht. – Das ist die eine Sache.

Die zweite Sache ist – ich muß das hier erwähnen, weil wir ein bißchen eine Grundsatzdebatte führen –, daß es gerade deshalb nach Überzeugung meiner Fraktion wichtig und bedeutsam wäre – auch wenn ich annehme, daß das Stimmverhalten der Bürger sehr ähnlich wäre –, daß die Bundesräte mit einem direkten Mandat des Wahlbürgers ausgestattet werden. Das heißt also, daß sie, selbstverständlich im sachlichen und zeitlichen Zusammenhang mit einer Landtagswahl, weil wir Länderinteressen zu vertreten haben, aber dennoch mit einem solchen direkten Mandat ausgestattet werden sollten.

Ich glaube, daß solche fundamentalen Festlegungen um einiges wichtiger sind – damit nehme ich einen mir dankenswerterweise übergebenen Antrag und eine Meinungsäußerung meines Kollegen Bieringer ins Visier – als die Optik, wie wir uns hier im Saal gruppieren.

Zu den beiden vorliegenden und zu behandelnden Anträgen: Ich glaube, daß es – Herr Professor Böhm, Sie werden mir das verzeihen – ein merkwürdiges Verständnis der Rechte von Abgeordneten und der Rolle von Parteien ist, beispielsweise – ich beziehe es jetzt nur auf mich – mich in die Lage zu versetzen, einen Antrag, den einer meiner Vorgänger, beispielsweise Kollege Strutzenberger, hier einmal gestellt hat, nach meinem Urteil, daß das überholt ist, zurückzuziehen. Ich würde mich nicht trauen, das zu tun. Das sage ich ganz ehrlich. (Bundesrat Dr. Böhm: Ich schon!)


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