Bundesrat Stenographisches Protokoll 660. Sitzung / Seite 10

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ben – sicherlich auch in Zukunft unserer Verantwortung als Gewerkschafter nachkommen, so schwer dies da und dort sein mag und sein wird.

Bei dieser Gelegenheit möchte ich auch festhalten, dass für mich persönlich das Verhalten des Kollegen Rudi Nürnberger nicht ganz nachvollziehbar ist, weil wir es – Frau Bundesministerin, du weißt es! – eigentlich immer so gehalten haben, dass wir uns von Beginn an positioniert haben, aber natürlich auch Konsensbereitschaft gelebt haben. Daher bedauere ich sehr, dass einer der Gründe – es wird sicherlich nicht der einzige gewesen sein –, dass es zu keiner Zusammenarbeit meiner Partei mit der Sozialdemokratischen Partei für die Zukunft gekommen ist, auch das nicht ganz nachvollziehbare Verhalten des Kollegen Nürnberger war, das letztendlich dazu geführt hat, dass der Koalitionspakt nicht zu Stande gekommen ist.

Ich möchte an dieser Stelle – das ist mir ein Bedürfnis – dir, Frau Bundesministerin, als Gewerkschaftsfunktionär und als einer, der sich auch in der Sozialpolitik eingebracht hat, dafür danken, was du umzusetzen versucht hast. Ich sage bewusst: umzusetzen versucht hast, weil wir alle wissen, dass wir noch immer Wünsche haben, die offen sind, und dass wir natürlich auch von unserer unterschiedlichen Position – ich als Christgewerkschafter und du als sozialdemokratische Gewerkschafterin – einen anderen Zugang zu manchen Dingen gehabt haben. Trotzdem möchte ich dir von dieser Stelle aus danke sagen und dich bitten, auch darauf zu achten, dass in dieser Gewerkschaftsbewegung, die ein Teil der österreichischen Sozialpartnerschaft ist, die Sitten nicht verrohen und die Sprache nicht verroht: Denn das, Hohes Haus, liebe Kolleginnen und Kollegen, meine sehr geschätzten Damen und Herren, ist es, was mich am meisten betroffen macht, und da nehme ich jetzt überhaupt niemanden aus und sage: Wer im Glashaus sitzt, soll nicht mit Steinen werfen! (Bundesrat Meier: Das braucht man uns nicht extra zu sagen!)

Denn für mich ist kein Unterschied zwischen der Aktion des seinerzeitigen Vorsitzenden der Jugendorganisation der Partei, der den Boden Moskaus geküsst hat, nämlich nicht des befreiten Moskaus, sondern zu einer Zeit, als die Union der Sozialistischen Sowjetrepubliken noch bestanden ist und ein menschenverachtendes System war, und anderen Aussagen, die ich genau so verurteile. Ich möchte das nur auch einmal gesagt haben. (Bundesrat Freiberger: Auch der Heilige Vater ...!)

Es wäre, so glaube ich, eine Anmaßung, wenn sich Alfred Gusenbauer mit dem Heiligen Vater vergleichen würde. Das muss ich schon sagen – bei allem Verständnis! (Beifall bei der ÖVP.)

Das sind nämlich jene Dinge, die in anderen Bereichen dazu führen, dass man glaubt, man muss besonders originell in der Formulierung, in der Tat sein, und dann mit anderen Maßstäben die vielleicht sogar originell angelegte, aber nicht so verstandene Aktion mißt.

Mich macht es sehr betroffen, wenn es stimmt, was heute in einigen Zeitungen steht, nämlich dass angeblich der Fuchs kommen soll und sich die Hühner vor dem Fuchs fürchten. Aber das war wahrscheinlich genau so lustig gemeint wie der Bodenkuss von Alfred Gusenbauer. Nur: Wir müssen in der Sprache und in der Tat mehr Acht geben, was wir sagen.

Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich habe in den letzten Tagen viel nachgedacht und auch in meiner Fraktion immer wieder darauf hingewiesen, dass wir als Christgewerkschafter ein Teil dieser unserer Partei und auch ein Teil dieser Sozialpartnerschaft sind. Gestattet mir, nachdem ich noch genügend Redezeit habe, am Ende meiner Wortmeldung aus den Reden eines Sattlergesellen zu zitieren, der als großer christlicher Arbeiterführer in dieser Republik viele Funktionen ausgeübt hat: Leopold Kunschak, vor dem ich als Christgewerkschafter große Hochachtung habe, hat am 9. Februar 1934 im Wiener Gemeinderat eine Rede gehalten. Manche Dinge scheinen sich eben zu wiederholen, und der Grundsatz, das Einzige, was wir lernen, ist, dass wir aus der Geschichte nicht lernen, hat in den letzten Tagen für mich wieder sehr viel Gültigkeit gehabt.

Leopold Kunschak hat vor dem Wiener Gemeinderat gesagt – ich kann jeden Satz auch in der heutigen Zeit unterstreichen –: Zutiefst ist unser Volk in seiner Seele aufgewühlt durch die Sorgen des Alltags und durch die Fülle tönender Schlagworte, als dass es nicht ein Gebot der Stunde wäre, alle zur Besinnung zu rufen. Ich bin nicht so töricht, sagt Leopold Kunschak, zu


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