Bundesrat Stenographisches Protokoll 660. Sitzung / Seite 29

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lichen, sozialen und kulturellen Standard, um nur einige Sparten zu nennen, erreicht hat, der auch international voll anerkannt wird.

Die EU-Aussagen richten sich nicht gegen die Österreicher und die österreichischen Bürger und Bürgerinnen, sondern gegen die Regierungsbeteiligung einer Partei. Die derzeitige Entwicklung schadet Österreich als Ganzem und nicht nur jenen, die mit dieser Kritik eigentlich gemeint sind. Dabei glaube ich, dass nicht einmal die etwas mehr als 27 Prozent FPÖ-Wähler und -Wählerinnen diese Entwicklung so wollten, sondern aus ganz anderen Motiven die FPÖ gewählt haben. (Bundesrat Ing. Scheuch: Die werden schon selbst wissen, was sie wollen!)

Da die FPÖ nicht mehr als 50 Prozent der Wählerstimmen erreicht hat, kann ihre Haltung wohl nicht repräsentativ sein. In diesem Sinne verteidige ich Österreich, indem ich mich dagegen verwahre, dass "die Österreicher" und "die Österreicherinnen" – unter Anführungszeichen – mit dieser Kritik gemeint sind. Man sollte dies zur Kenntnis nehmen! (Beifall bei der SPÖ.)

Nun verhilft die ÖVP mit ihren etwas mehr als 27 Prozent der Stimmen der FPÖ zum Eintritt in eine österreichische Bundesregierung und wertet damit die Haltung des FPÖ-Bundesobmannes auf, obwohl, wie ich weiß, bei weitem nicht alle ÖVP-Wähler und ÖVP-Wählerinnen diesem Experiment einer ÖVP-FPÖ-Koalition zustimmen. Auch manche ÖVP-Funktionäre haben bei dieser Mitwirkung, die sie nicht voll mittragen können, ein schlechtes Gefühl.

Die ÖVP, die zuvor strikt für die Oppositionsrolle war, hat ihre Meinung geändert. Viele glauben, dass diese Haltung in Richtung eines Zusammengehens mit der FPÖ schon länger vorgesehen war und angestrebt wurde. Die ÖVP fungiert jetzt als Steigbügelhalter für die FPÖ – und im Hintergrund für Dr. Haider, der augenscheinlich dieser Regierung nicht angehören wird –, und dafür wird die FPÖ dem ÖVP-Obmann Dr. Schüssel zur Funktion des Bundeskanzlers verhelfen.

Viele meinen, dass das persönliche Ziel von Dr. Schüssel, einmal Bundeskanzler zu werden, wesentlich zu dieser Konstellation beigetragen hat. (Ruf bei der ÖVP: Aber auch das Ziel von Herrn Klima!)

Herr Außenminister Dr. Schüssel! Ich bitte, ihm das mitzuteilen. Damit tragen Sie die gesamte Kritik, die sich gegen Dr. Haider und die FPÖ aus dem Inland und aus dem Ausland richtet, voll mit.

Herr Außenminister! Sie hätten als Außenminister, wenn Sie in der Vergangenheit im Konzert der internationalen Politik voll mitgewirkt hätten, wenn Sie entsprechende Kontakte gehabt und ihre Fühler im Felde internationaler Meinungsbildung ausgestreckt hätten, gespürt, welche Entwicklung sich abzeichnet. Sosehr Innenpolitik und Wahlergebnisse Sache des jeweiligen Landes sind und keine Eingriffe von anderen Staaten oder Politikern möglich sind, so sehr ist es durchaus legitim, dass andere Staaten und ihre Vertreter ihre Sorge ausdrücken, wenn es um die Vertretung von Meinungen, die die Gefahr von Fremdenfeindlichkeit und die Verletzung von Menschenrechten in sich bergen, geht.

Österreich ist ein integrierter und integrierender Bestandteil der Europäischen Union und hat als solcher seinen Beitrag zu dieser Gemeinschaft zu leisten, muss sich allerdings als Partner auch die Meinung der anderen Partner anhören und darüber nachdenken und internationale Meinungen beachten. Das so genannte EU-Ausland ist zweifellos durch die gemeinsame Mitgliedschaft, verknüpft mit vielen gemeinsamen Richtlinien und Verordnungen auch von der Gesetzgebung her, eine Staatengemeinschaft, die auch Gesamtentwicklungen beobachten und ihre Stellungnahme dazu abgeben kann.

Herr Außenminister Dr. Schüssel! Sie selbst waren Ratsvorsitzender während unserer EU-Präsidentschaft. Sie sind als Außenminister derzeit Vorsitzender der OSZE, und Sie wissen sehr wohl genau, dass man in diesen Gemeinschaften im gegenseitigen Verständnis wirken muss.

Ich zitiere den Bundespräsidenten, der gesagt hat, eine Isolation Österreichs sei ihm in zahlreichen Kontakten mit ausländischen Staats- und Regierungschefs – von Clinton über Chirac, Prodi, Aznar bis Guterres – angekündigt worden. Er habe die österreichischen Politiker hierüber


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