Bundesrat Stenographisches Protokoll 660. Sitzung / Seite 43

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cher noch rechtzeitig an die braune Vergangenheit des Präsidentschaftskandidaten Kurt Waldheim erinnern.

Meine Damen und Herren! Da ich zuerst davon gesprochen habe, dass man bei Machtverlust ein wenig mit Augenmaß vorgehen muss, so darf ich Sie an diese Zeit erinnern, denn die Strategen, die damals in der Parteizentrale waren (Bundesrat Freiberger: Waldheim war aber eine ÖVP-Idee, oder?), haben etwa im Frühjahr 1985 erkannt, dass der bis dahin aus der Sicht der SPÖ in ihrem Eigentum befindliche Sitz in der Hofburg in Gefahr ist und der Kandidat der damaligen Opposition einziehen könnte. Und um Macht zu erhalten, ist Ihnen nichts zu schade. (Beifall bei der ÖVP und bei den Freiheitlichen. – Widerspruch bei der SPÖ.)

Daher haben auch Ihre Strategen, ähnlich wie jetzt – ich komme noch darauf zu sprechen –, die Kritik ins Ausland getragen (Ruf bei der SPÖ: Eine Frechheit ist das!), damit sie wieder ins Inland zurückkommt. Dann haben Sie selbst quasi eine Art improvisierten Löschversuch unternommen, um den Schaden wieder zu minimieren. Das waren die Aktionen im Wahlkampf 1986. (Bundesrat Dr. Nittmann: Und heute!) Ich glaube, man sollte an sich aus der Geschichte ein wenig lernen. (Ruf bei der SPÖ: Das ist brandaktuell!) Sie haben auch bei all Ihren jetzigen Schritten Augenmaß vermissen lassen. Genauso wie Sie 1983, bevor Sie die Macht abgeben wollten, eine kleine Koalition mit der FPÖ eingegangen sind, um Macht zu erhalten (Beifall bei der ÖVP), genauso war es im Dezember des vergangenen Jahres.

Ich frage Sie, Herr Bundeskanzler: Angeblich gab es Gespräche, in denen man im Wege der Minderheitsregierung – Sie können dann dazu Stellung nehmen – der Freiheitlichen Partei quasi für eine Duldung der Minderheitsregierung der SPÖ zwei Regierungsposten angeboten hat (Ui-Rufe bei der ÖVP), also jener politischen Gruppierung, die Sie hier wie Ihr Herr Vorredner so kritisch angesprochen haben.

Ich bitte Sie in diesem Zusammenhang: Es ist bei Machtverlust eine Frage der Haltung, aber auch eine Frage des Augenmaßes (Bundeskanzler Mag. Klima: Das ist schade, Herr Maier!), wie man vorzugehen hat, sodass wir nicht im Ausland Schaden nehmen. (Beifall bei der ÖVP und bei Bundesräten der Freiheitlichen.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wenn Sie die Seite 2 der heutigen Ausgabe der "FAZ" lesen ... (Bundeskanzler Mag. Klima: Lesen Sie die "Süddeutsche"!) Ich verweise auf die "FAZ". Lesen Sie die "FAZ"! Dort wird angekündigt, dass demnächst ein Bericht veröffentlicht werde, der in Österreich zu einem handfesten Staatsskandal werden könne. (Bundesrat Ing. Scheuch: Interessant!) Es gibt diesbezüglich Recherchen. Warten wir diese Recherchen ab! Aber ich sage Ihnen Folgendes: Allein der Umstand, dass im Ausland darüber berichtet wird, dass sich ein handfester Staatsskandal anbahnt, und wir in der heutigen Ausgabe der "Presse" lesen müssen – auf Seite 3, Herr Bundeskanzler –, dass Herr Bundeskanzler Klima dabei "außerordentlich aktiv" war, reicht schon aus. (Bundesrat Dr. Böhm: Ist schlimm genug!) Ich frage Sie: Was ist denn bei diesem Abendessen mit Jospin, Schröder, Wim Kok und so weiter gesprochen worden? (Bundesrätin Mag. Trunk: Wenigstens gibt es noch Demokraten in diesem Land!) Seit diesem Tag, Frau Kollegin, läuft die entsprechende Kampagne im Ausland.

Herr Kollege! Ich bin jedoch unserem Herrn Bundespräsidenten sehr dankbar, denn der Herr Bundespräsident hat vor etwa einem Jahr, wie ich glaube, völlig richtig und – Gott sei Dank – auch unwidersprochen Folgendes gemeint: Er hat gemeint, dass alle im österreichischen Parlament vertretenen Parteien demokratisch gewählt und alle regierungsfähig sind. – Ich halte das für eine der wesentlichsten Aussagen, und ich berufe mich darauf. Daher bitte ich auch jeden Demokraten, dies zu berücksichtigen.

Ich gebe zu, es gibt auch Anlass zu Kritik: Es kann nicht sein, dass man die Aussagen, die der Kärntner Landeshauptmann in den letzten Tagen getroffen hat, unkommentiert hinnimmt. (Bundesrätin Mag. Trunk: Na schau!)  – Das ist durchaus legitim. (Beifall bei Bundesräten der ÖVP.) Aber es kann doch nicht sein, dass man ins Ausland geht, dort unser Land kritisiert und hofft, dass die Kritik ins Inland zurückkommt, und dann daraus politisches Kapital zu schlagen ver


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