Bundesrat Stenographisches Protokoll 660. Sitzung / Seite 59

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Wartesaal, eine Schlafkammer der Republik. – Gute Nacht, meine Damen und Herren! Ich erspare Ihnen die weiteren Zitate. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ.)

17.45

Vizepräsident Johann Payer: Zu Wort gemeldet hat sich Herr Bundesrat Mag. John Gudenus. Ich erteile ihm dieses.

17.46

Bundesrat Mag. John Gudenus (Freiheitliche, Wien): Herr Präsident! Frau Staatssekretärin! Kolleginnen und Kollegen! Kraftvoll, einstimmig, entschlossen, fast mutig tritt die EU gegen einen Finsterling auf, verteidigt die Demokratie, den Rechtsstaat, die Menschenrechte. Wird hier möglicherweise der Fall Tschetschenien zur Causa gemacht oder gar die Türkei? Wer hebt hier sein hässlich Haupt? Wer versetzt die Gemeinschaft in Angst und Schrecken? Wer alarmiert die Sozialistische Internationale, Herr abwesender Bundeskanzler? – Ich halte das ein bisschen für eine – im sportlichen Sinne gesprochen – Bad-loser-Attitüde. Man muss auch verlieren können und anständig vom Spielfeld treten. Wer ist die vermeintliche Ursache?

Die vermeintliche Ursache – Sie wissen es – ist das kleine, demokratische Österreich. Es treibt die EU zu Reaktionen. Und jetzt beschuldige ich die EU als Ganzes zu Unrecht: Es treibt Persönlichkeiten der EU zu Reaktionen, die Zweifel am Wahrnehmungsvermögen und an der Fähigkeit zur Vorausschau ganzer außenpolitischer Eliten hervorruft. – Einzigartig, unangemessen, überzogen, meine Freunde!

Der dänische Außenminister Rasmussen hat in seinem Lande schon Erklärungsbedarf. Aus seinem streng diskreten außenpolitischen Kreis sickerte es heraus, dass Rasmussen mit Klima und der portugiesischen Präsidentschaft Kontakte hatte. Er wird von seiner Partei beschuldigt, eine sozialdemokratisch-dänische Hilfsaktion zur europäischen Hilfsaktion der Sozialdemokratie ausgebaut zu haben. Wer ist es nun, der hinter dem Ganzen steht? Ist es wirklich so, dass unser Bundeskanzler eine Holocaust-Konferenz zur Rettung innenpolitisch davonschwimmen-der Felle ausgenützt haben sollte? – Dann war es eine Verhöhnung der Holocaust-Opfer. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Der portugiesische Präsident – das wurde in den Medien viel zu wenig gesagt – ist nicht nur Regierungschef seines Landes, er ist auch gegenwärtig EU-Präsident und zugleich – das haben wir gehört – Präsident der Sozialistischen Internationale. (Bundesrat Bieringer: Hört! Hört!) Und damit schließt sich der Kreis irgendwo. Es ist, wie ich meine, eine Rettungsaktion für die österreichische sozialdemokratische Regierungsbeteiligung durch die Sozialdemokratie Europas in ihrem Sinne gestartet worden.

In diesem Zusammenhang erklärt sich vielleicht auch, dass der provisorisch amtierende Bundeskanzler und seine Partei einer Erklärung, die sich gegen Pauschal- und Vorverurteilungen Österreichs und dieser möglichen neuen Bundesregierung richtet, unverständlicherweise die Zustimmung verweigerten, obwohl es eine selbstverständliche Aufgabe auch einer provisorischen Bundesregierung und damit insbesondere auch des Bundeskanzlers im Rahmen seiner außenpolitischen Kompetenz ist, Österreich gegen Angriffe aus dem Ausland zu verteidigen. Das hat der Herr Bundeskanzler nicht gemacht! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Die Frage lautet: Hat die Freiheitliche Partei den demokratischen Grundkonsens verlassen? – Nein! Auch der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung" ist zu entnehmen, dass Bundeskanzler Klima selbst noch vor wenigen Wochen behauptete, dass die Freiheitliche Partei durchaus den demokratischen Grundkonsens einhält. Man kann auch vernehmen, dass Österreich in der Ausländerpolitik nicht weit von der französischen Außenpolitik weg ist, und diese ist beileibe nicht von einer Rechts-Regierung geprägt.

Es erstaunt also. Es erstaunt deshalb, weil wir uns daran gewöhnt haben müssen, dass die Mitgliedsstaaten der EU schon lange nicht mehr souveräne Staaten im klassischen Sinne sind. Keines von ihnen kann seine inneren Verhältnisse nur nach eigenem Gutdünken gestalten. Als Wertegemeinschaft muss die Union die Werte schützen, auf die sie aufbaut. (Bundesrat Meier: Das tut sie!) Einen unverhüllten Eingriff in das demokratische System eines Mitglieds wie jetzt im


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