Bundesrat Stenographisches Protokoll 660. Sitzung / Seite 71

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Sie haben schon erwähnt, dass Sie – ich kann mich gut daran erinnern –, bevor Sie zum Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten ernannt wurden, viele Jahre wichtige Funktionen in der Bundeswirtschaftskammer bekleidet haben. In dieser Zeit haben wir gemeinsam die Arbeitnehmer und die Arbeitgeber – so habe ich das in Erinnerung – vertreten und immer den gemeinsamen Erfolg zum Wohle dieses Landes und vor allem der Menschen dieses Landes angestrebt. Ich sage hier sehr selbstbewusst, es ist uns auch gelungen, diesem Land Wohlstand und Ansehen zu bringen.

Herr Bundesminister! Ich möchte Ihnen wirtschaftliche Kompetenz bestätigen und nicht absprechen. Wäre dies anders, wäre das jetzt nicht der richtige Zeitpunkt. Wie die Wirtschaft in Europa und weltweit funktioniert, wissen Sie aus eigener Erfahrung beziehungsweise aus den Informationen, die Sie seit Ihrer Zeit in der Wirtschaftskammer von den Außenstellen regelmäßig über-mittelt bekommen, und von ständigen Kontakten. Ehrlichkeit kann man Ihnen auch nicht absprechen, Herr Bundesminister, das ist nicht bei vielen Politikern der Fall. Sie haben als einziger ÖVP-Minister dieser Bundesregierung, als Sie dazu befragt wurden, gesagt, dass Sie über die Budgetsituation in unserem Land Bescheid gewusst haben.

Sie waren für meine Begriffe in den letzten Tagen etwas zu still – vielleicht mangelt es Ihnen an Mut –, als die Wirtschaft und ihre Interessenvertretungen, die Industriellenvereinigung, die Wirtschaftskammer, vertreten durch Dr. Mitterer, Dkfm. Fritz, Ing. Maderthaner und den Vorsitzenden des Wirtschaftsbundes Dr. Leitl, um Hilfe gerufen haben, als es darum ging, zu verhindern, dass Österreich durch eine FPÖ-ÖVP-Regierung Schaden erleidet. Sie haben für meine Begriffe zu wenig gewarnt und darauf hingewiesen, wie sensibel die Wirtschaft, die Unternehmen, die Konzerne auf politische Instabilität, auf politische Unsicherheit reagieren.

Wir alle, die wir mit beiden Beinen in der Wirtschaft stehen, wissen, dass das Ansehen eines Landes, die Qualifikation der Menschen, Stabilität und Sicherheit immer ganz wesentliche Voraussetzungen dafür sind, dass in Österreich investiert wird, auch von großen Konzernen.

Nicht die großen Unternehmen und Konzerne werden im Falle von Instabilität und weniger Sicherheit Schaden erleiden, denn diese reagieren, wie wir wissen, sehr rasch. Wir leben in einer globalen wirtschaftlichen Welt. Die Geschädigten, die Betroffenen, welche eine versalzene Suppe einer etwaigen Regierung Dr. Haider und Dr. Schüssel auslöffeln werden müssen, sind die von uns und insbesondere von Ihnen immer so gelobten kleineren und mittleren Unternehmer, die Handwerker und auch die Arbeitnehmer. Aus dieser Sorge heraus müssen Sie auch unsere Kritik und unser intensives darauf Aufmerksam-Machen verstehen.

Die künftige Politik der FPÖ-ÖVP-Regierung, die von allen hier anwesenden Bundesräten der Freiheitlichen Partei und der ÖVP mitgetragen wird, hat schon große arbeits- und sozialrechtliche Auswirkungen und auch Auswirkungen auf das Einkommen. Aus dem gemeinsamen ÖVP-FPÖ-Regierungsprogramm geht hervor, dass einschneidende Verschlechterungen zu erwarten sind. Ich nenne hier nur einige Beispiele: Senkung der Lohnnebenkosten heißt gleich wesentliche Einschnitte in der KV-Politik, zum Beispiel keine flächendeckenden Kollektivvertragsabschlüsse, bei der Abfertigung, beim Urlaub, bei Postensuchtagen und so weiter. In diesen Bereichen wird es laut Regierungsprogramm sehr bewusst gravierende Verschlechterungen geben.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ob diese Vorhaben in die Tat umgesetzt werden können, hängt in sehr hohem Maße davon ab, wie weit Arbeitnehmer solidarisch sind und die Gewerkschaften gemeinsam mit den Arbeiterkammern diesen Entwicklungen entgegen treten können. Ich persönlich bin da eher optimistisch und hoffe, dass wir die Euphorie der künftigen ÖVP-FPÖ-Regierung hinsichtlich Einschränkung der Arbeitnehmerrechte dämpfen und die Anliegen der Arbeitnehmer gewissenhaft vertreten werden können.

Sie alle hier wissen – Herr Bundesminister, Sie haben es auch erwähnt –, dass es hinsichtlich der österreichischen Wettbewerbsfähigkeit und somit auch für die Wirtschaft wichtiger ist, auf die Lohnstückkosten als auf die Lohnnebenkosten zu achten. Diese sind ein entscheidender Faktor im Wettbewerb, vor allem im internationalen Wettbewerb. Österreich nimmt da einen sehr hohen Rang ein, der sich stetig verbessert. Das ist sicherlich darauf zurückzuführen, dass


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