Bundesrat Stenographisches Protokoll 660. Sitzung / Seite 75

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schlicht und einfach zu spät dran sind. Für mich persönlich ein sehr wesentlicher Punkt wäre, auch zu hinterfragen und zu reflektieren, ob es in der heutigen Zeit sinnvoll ist, die Differenzierung zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer aufrechtzuerhalten. Wir werden daran gehindert, und zwar wahrscheinlich nur deshalb, weil so große Interessengruppen dahinterstehen. Es ist eher deswegen ein Problem, diesen Konflikt oder diese Differenzierung aufzulösen, weil große Interessengruppen diesen Konflikt nicht auflösen wollen.

Ich begrüße das und muss wirklich sagen, das ist für mich ein wesentlicher Punkt in diesem Regierungsübereinkommen beziehungsweise in der Neugestaltung der Ministerien, nämlich dass alles, was die Arbeitswelt betrifft, in einem Ministerium zusammengefasst wird. Den zukünftigen Konflikt und die zukünftige wichtigere Differenzierung sehe ich eher zwischen jenen Gruppen und Organisationen, die in der Privatwirtschaft arbeiten, und jener Gruppe, die in der öffentlichen Verwaltung arbeitet. Da sehe ich einen möglichen schweren Interessenkonflikt auf uns zukommen.

Einen Punkt noch zu Herrn Kollegen Drochter betreffend Schwarzarbeit. Man spricht heute von einem Schwarzmarktumsatz in der Höhe von 250 Milliarden Schilling im Jahr. Ich glaube, das ist ein Hinweis dafür – das muss man sagen –, dass wir mit der Gesetzgebung und mit der Gestaltung der Arbeitswelt offensichtlich ordentlich daneben liegen. Ich halte auch fest – ich sage das jetzt nicht als Politiker, sondern als Unternehmer, der acht Leute beschäftigt, und als jemand, der jeden Tag darauf achten muss, dass Arbeit da ist –, die Schwierigkeiten für die Unternehmer sind nicht aus dem Wirtschaftsministerium gekommen; die Schwierigkeiten und die vielen Probleme – ich rede jetzt von den kleinen Unternehmern – sind aus dem Sozialministerium gekommen. Ich sage das sehr bewusst dazu. (Beifall bei der ÖVP und bei Bundesräten der Freiheitlichen.)

Ich meine, dass die derzeitige Bewertung der politischen Situation, was die Finanzmärkte betrifft, eher mit folgendem Umstand zusammenhängt. Das ist auch sehr ausführlich in der heutigen Ausgabe des "WirtschaftsBlatts" gestanden. Heinz Bednar, Währungsanalyst der Bank Austria, hat gesagt: Entscheidend für eine positive Zukunft ist, ob eine schwarz-blaue Regierung das Budget nachhaltig sanieren kann. – Ich glaube, das ist der Punkt. Ich würde es mir sehr wünschen, wenn wir irgendwann in den nächsten Jahren zumindest eine schwarze Null im Budget schreiben könnten. Das erschiene mir als sehr wesentlich.

Aus meiner Sicht sind diese Reformprojekte so rasch wie möglich und ohne Zeitverzögerung zu realisieren. Ich glaube, es wird zu einer neuen Rollenverteilung zwischen Arbeitgebern und Arbeitnehmern und auch deren Vertretern kommen. Ich erhebe jetzt schon ein wenig das Wort für die Tausenden und Hunderttausenden kleineren und mittleren Betriebe. Ich bin seit eineinhalb Jahren im Bundesrat, und bei vielen Dingen, die sozialdemokratische Gewerkschafter gesagt haben, habe ich immer ein wenig das Gefühl gehabt, als sei ich als Unternehmer von Haus aus ein Spekulant, von Haus jemand, der ohnehin nur "obareißt" und seine Mitarbeiter ausnützt. Ich sage – das möchte ich für mein Unternehmen festhalten, weil ich es da beurteilen kann –, ich bin als Chef der oberste Gewerkschafter in meinem Unternehmen. (Bundesrat Freiberger: Das behaupten viele!) Das bin ich auch. Reden Sie mit meinen Mitarbeitern!

Ich kenne wenige kleinere und mittlere Unternehmen, die Betriebsräte haben. Ich sage das sehr offen dazu. (Bundesrat Freiberger: Weil es die Chefs nicht zulassen! Das ist meine Berufserfahrung!)  – Das stimmt nicht. Das ist Ihr Bild. Das ist genau jene Differenzierung, die Ihren Arbeitsplatz in der Arbeiterkammer sichert. (Bundesrat Freiberger: Ich bin nicht in der Arbeiterkammer! – Bundesrätin Haunschmid: Sie müssen uns einmal sehen als Arbeitsplatzsicherer!)

Ich möchte noch kurz zur politischen Situation Stellung nehmen, weil mir das wichtig erscheint. Ich war erschüttert, als der Herr Bundeskanzler keine Antworten auf die sehr konkreten Fragen von Ferry Maier gegeben hat. Ich war erschüttert, denn mir ist es vorige Woche ganz ähnlich gegangen. Der Herr Bundeskanzler war in Stockholm, und einen Tag später hat das Ganze eingesetzt. Es ist sofort das Bild aufgekommen, das ist inszeniert und offensichtlich – das wird in den nächsten Tagen und Monaten zu verifizieren und zu bewerten sein –; da ist wirklich etwas über das sozialistische Netzwerk in Europa gelaufen. Ich sage sehr bewusst auch an dieser


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