Bundesrat Stenographisches Protokoll 661. Sitzung / Seite 29

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Der erhobene Zeigefinger von Seiten der Sozialdemokratie gegen diese neue Bundesregierung, was die Frage des sozialen Zusammenhalts, des sozialen Ausgleichs und der Sozialpolitik insgesamt betrifft, Herr Kollege Konecny, ist auch höchst unangebracht. Ich brauche nur das Programm, das Sie in Ihren Regierungsverhandlungen mit der ÖVP vereinbart haben, mit dem Programm zu vergleichen, das jetzt vereinbart wurde. (Bundesrat Konecny: Ihres ist brutaler!) Denn das, was diese neue Regierung gemacht hat, ist, dass sie das Edlinger-Paket in Pensionsfragen ... (Bundesrat Konecny: Nein, es findet sich keine Pensionskürzung im Edlinger-Papier!)

Das Edlinger-Pensionspaket hätte zur undifferenzierten Erhöhung des Frühpensionsalters in diesem Lande geführt und besonders jene getroffen, die schon lange gearbeitet und 45 Versicherungsjahre und mehr beisammen haben. (Bundesrat Konecny: Denen nehmen Sie etwas weg!) Jenen hätten Sie kalt lächelnd das Pensionsalter um zwei Jahre hinaufgesetzt, ohne die geringsten Skrupel zu haben. (Bundesrat Konecny: Denen kürzen Sie die Pensionen! Das ist wirklich Ihr Verdienst! – Weitere Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Ich kann Ihnen sagen, dass in unserem Regierungsprogramm enthalten ist (Bundesrat Konecny: Aber nicht die gleiche Pension!), dass all jenen, die mit 15 oder 16 Jahren in den Arbeitsprozess eingestiegen sind, die Pensionen selbstverständlich ungekürzt auch zum früheren Pensionsantrittsalter erhalten bleiben. Ich bitte Sie, das einmal entsprechend zur Kenntnis zu nehmen! (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Was das von Ihnen so kritisierte Kinderbetreuungsgeld und die Verlängerung der Karenzzeit betrifft, so muss ich sagen, es erstaunt mich besonders, dass das gerade von einer Partei wie den Sozialdemokraten kommt, die immer besonders für eine Besserstellung der Situation und der Rahmenbedingungen für Frauen in diesem Land eingetreten sind. Ich glaube, dass dieser Anspruch legitim ist, und diese Ansicht teilen wir alle auch. (Bundesrat Konecny: So nicht!) Aber dann kann es doch bitte nicht so sein, dass Sie eine Maßnahme ablehnen, die im Interesse der Frauen ist (Bundesrätin Schicker: Nicht für alle!), weil sie ihnen die Wahlfreiheit gibt, berufstätig zu sein und eine Kinderbetreuung in diesem Ausmaß sicherzustellen oder selbst zu Hause bei ihrem Kind zu bleiben. (Bundesrätin Schicker: Das stimmt ja nicht! So ist es ja nicht!)

Wir wollen zum Unterschied von Ihnen den Frauen in diesem Lande nicht vorschreiben, wie sie ihre persönliche Lebensplanung zu machen haben, sondern wir wollen ihnen die Rahmenbedingungen geben, damit sie die Chance dieser Wahlfreiheit haben, die sie heute nicht haben. Das ist ein Faktum! (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP. – Bundesrätin Schicker: Mit Ihrem Modell haben sie die auch nicht!)

Abschließend ein Punkt, Herr Kollege Konecny, der mir besonders wichtig ist – auch Sie haben ihn herausgestrichen und tun das nicht zum ersten Mal –, nämlich die Frage des Umganges aller österreichischen Parteien mit unserer Vergangenheit. Ich glaube, dass man das auch einmal so sehen muss: Wir müssen, wenn wir über den Umgang mit der Vergangenheit sprechen, über das Verhältnis aller Parteien in diesem Lande zu dieser Vergangenheit sprechen.

Sie haben die Frage der Entschädigung der NS-Zwangsarbeiter angeschnitten. Ich halte es für ein wirklich großes Signal dieser Bundesregierung, dass wir das als einen der ersten Verhandlungspunkte in völligem Konsens in dieses neue Regierungsprogramm hineingenommen haben. (Bundesrätin Fuchs: Das haben wir schon lange vorbereitet!) Nein! Wenn Sie sagen, Frau Kollegin, das sei schon lange vorbereitet gewesen, dann muss ich Ihnen leider widersprechen. Tatsache ist, dass die frühere Bundesregierung Klima – denn zuständig für diese Frage war Herr Bundeskanzler Klima persönlich – in dieser Frage säumig war. (Bundesrat Konecny: Sie können auf dem Bericht der Kommission aufbauen, die er eingesetzt hat!) Nein, das ist kein Vorwurf, den ich gegen Sie erhebe (Bundesrätin Fuchs: Wer hat die Kommission eingesetzt?), sondern das ist eine Tatsache. Sämtliche Vertreter der Opferverbände haben darunter gelitten, dass sie über ein Jahr lang vom früheren Bundeskanzler nicht einmal angehört wurden, wodurch auch eine Lösung dieser Problematik nicht möglich war.


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