Bundesrat Stenographisches Protokoll 661. Sitzung / Seite 33

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Ich möchte auch noch ein bisschen etwas zu den Selbstbehalten sagen. Ich möchte der Wahrheit die Ehre geben und sagen, dass die Arbeitnehmer, wenn sie nach dem ASVG versichert sind, schon jetzt Selbstbehalte haben, und durchaus keine geringen – zum Beispiel: Krankenscheingebühr, Rezeptgebühr, Selbstbehalt beim Zahnersatz, bei den Brillen. Das macht jetzt schon etwa 10 Milliarden Schilling aus, und die neue ÖVP-FPÖ-Regierung erhöht diesen Selbstbehalt um noch einmal 6 Milliarden Schilling.

Laut Regierungsprogramm kommt es auch zu wesentlichen Verschlechterungen im Pensionssystem. Davon betroffen sind vor allem ältere Kolleginnen und Kollegen, vor allem Kranke, Verunfallte und Langzeitarbeitslose. Es gibt auch keine Ansätze, für die wir immer plädieren, Maßnahmen dafür zu treffen, dass die älteren Kolleginnen und Kollegen sicher auf dem Arbeitsplatz verbleiben können. Außer Worthülsen gibt es keine Erklärungen. Ich glaube, dass Sie mit diesem Regierungsprogramm den älteren Menschen und insbesondere den älteren ArbeitnehmerInnen jede Hoffnung nehmen, Ihnen keine Chancen geben und vor allem keine Perspektiven aufzeigen.

Ich muss weiters sehr klar und deutlich sagen – die Frau Bundesministerin, die für Schulen und Universitäten zuständig ist, ist leider nicht hier –, dass durch dieses Regierungsprogramm, wenn man es sich genau anschaut, auch die Aus- und Weiterbildung sehr gefährdet ist. Durch die geplanten Maßnahmen wird das sehr schwierig werden, vor allem das Einlösen des Rechts auf Bildung wird bedeutend erschwert. Aber auch die sozialen Bindungen für Schüler und Studenten sehe ich massiv gefährdet. Reduziert werden die Mittel vor allem für Weiterbildung, was vor allem für jüngere Angestellte, Arbeiter, aber auch für Beamte von großer Bedeutung sein wird.

Ich glaube außerdem, dass das notwendige Auffangnetz für Lehrlinge, das uns in den letzten Jahren vor einer großen Jugendarbeitslosigkeit in diesem Land bewahrt hat, nicht mehr das erforderliche Ausmaß haben wird.

Erschütternd ist für mich, mit welcher Leichtigkeit, um nicht zu sagen, Unbekümmertheit sich die Regierung von der Vollbeschäftigungspolitik verabschiedet hat. Die Beschäftigungsprogramme im NAP, die die vergangene Regierung nach langem Tauziehen, in schwierigen Verhandlungen mit den Sozialpartnern beschlossen hat, werden ausgehungert. Der öffentliche Dienst verliert 9 000 Planstellen. (Bundesrat Ledolter: Wer sagt das? Wo nehmen Sie das her?)  – Sie brauchen sich nur mit den Verantwortungsträgern des AMS auseinander zu setzen, Sie brauchen sich nur die Aussendungen Ihrer Regierung anzuschauen, Herr Kollege! Ich unterstelle Ihnen, dass Sie rechnen, lesen und auch vergleichen können. Wenn Sie das machen würden, dann würden Sie nicht solche Zwischenrufe machen.

Es ist unbestritten, dass 9 000 Planstellen im öffentlichen Dienst abgebaut werden, dass zusätzliche Arbeitskräfte nach Österreich geholt werden, Saisoniers; ich weiß, das freut Sie. (Bundesrätin Haunschmid: Das wollten Sie!) Ich sage Ihnen aber, dass die Schwarzarbeit steigen wird (Bundesrat Weilharter: Haben Sie hellseherische Fähigkeiten?), dass die älteren Österreicherinnen und Österreicher, die im Dienstleistungsbereich und im Gastgewerbe tätig sind, und auch die Gastarbeiter, die seit Jahrzehnten in dieser anstrengenden Branche tätig sind, durch diese Maßnahmen arbeitslos werden. Dazu fällt Ihnen nichts anderes ein, als mit den Schultern zu zucken. Das ist Ihre Einstellung – das überrascht mich nicht, ich will sie auch nicht ändern. Es wird auch ein quasi Arbeitsdienst eingeführt.

All diese Maßnahmen, die ich hier aufgezählt habe, werden zum besonderen Bedauern der Sozialdemokratie zu vermehrter Arbeitslosigkeit führen. Ich weiß schon, dass Ihnen die Wahrheit wehtut und dass Sie vermeintlich in der Vorstellung leben, dass die Wirtschaft für diese Regierung Vorrang hat. Aber dazu werde ich noch kommen.

Ich habe heute schon einen Zwischenruf getätigt, als die Vizekanzlerin den Herrn Finanzminister so gelobt hat: Ich würde etwas vorsichtiger sein. Einen Finanzminister, der Probleme hat, zwischen Brutto- und Nettodefizit zu unterscheiden, möchte ich nicht in meiner näheren Umgebung haben, und ich möchte auch nicht, dass ein solcher Finanzminister auf mein Geld aufpasst beziehungsweise es verwaltet.


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