Bundesrat Stenographisches Protokoll 661. Sitzung / Seite 36

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Der Herr Sekretär der Angestellten-Gewerkschaft, Kollege Reichelt, hat noch vor wenigen Monaten erklärt, dass die GPA über die Öffnungszeiten im Handel gesprächsbereit ist und dass die Gewerkschaftsfront gegen die Sonntagsöffnung bröckelt. Und dann soll ich ein Regierungsvorhaben ablehnen, in dem man sich klar dazu bekennt, dass die Unverrückbarkeit des Sonntags gegeben ist? – Ich frage mich wirklich, in welcher Welt wir leben. Wir haben gemeinsam, Schulter an Schulter, Kollege Payer und Kollege Drochter, für die "Aktion Fairness" gekämpft, und dann soll ich ein Regierungsprogramm ablehnen, in dem man sich zur "Aktion Fairness" bekennt?

Wir haben gemeinsam für die Gleichstellung von Mann und Frau in der Arbeitswelt gekämpft. Ich bekenne mich dazu! Und dann soll ich ein Regierungsprogramm ablehnen, in dem man sich zu dieser Chancengleichheit bekennt!? – Ich würde also meinen, die differenzierte Betrachtung ist durchaus angebracht.

Wir haben noch einen Klubobmann, der den 3. Oktober und die folgende Regierungsbildung als Klubobmann überlebt hat, was in anderen Parteien nicht der Fall ist (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen), und daher kann ich mich auf das Wort meines noch immer Klubobmannes Andreas Khol verlassen, der sich im Gegensatz zu dem, was angedacht ist und von manchen diskutiert war, was die Frage der ungerechtfertigten Kräfteverschiebung, der überbetrieblichen Kollektivvertragsfähigkeit zur Kollektivvertragslösung in den Betrieben betrifft, klar positioniert.

Ich brauche meine Hand nicht von dieser Stelle aus neu zu reichen, denn ich bin als Gewerkschafter nach wie vor in der Gewerkschaftsbewegung, im überparteilichen, keineswegs unpolitischen Gewerkschaftsbund. Ich bekenne mich zu jedem arbeitsrechtlichen Streik, ich lehne es aber ab – damit bin ich wieder beim Beginn meiner Ausführungen –, mich vom ehemaligen Bundeskanzler Vranitzky, der meint, er bestimme, wer gut und wer böse, wer anständig und wer unanständig ist – wenn er das so genau nimmt wie beim Zählen der Privatflüge, dann muss ich sagen, die Treffsicherheit ist ohnehin sehr gering, und dann habe ich kein Problem damit, denn dann grenzt er mich nicht aus –, beurteilen zu lassen. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.) Ich bin nicht deswegen, weil ich an diesem Sonntag, hinsichtlich dessen Herr Vranitzky gemeint hat, dass alle Anständigen auf der Straße stehen, nicht auf der Straße gestanden bin, ein unanständiger Mensch, denn ich bekenne mich zur Demokratie, muss mich dafür aber nicht auf die Straße stellen! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Liebe Kolleginnen und Kollegen! Es ist mir ein Bedürfnis, am Ende meiner Ausführungen daran zu erinnern, dass wir es in der Gewerkschaftsbewegung, lieber Herr Leitender Sekretär und Kollege Karl Drochter, eigentlich immer so gehalten haben, dass wir uns zuerst die Positionen angeschaut und dann versucht haben, Lösungen zu diskutieren.

Du hast gesagt, du zitierst keine SPÖ-Geschichten: Ich weiß schon, du tust dir schwer, Bruno Aigner zu zitieren, der meint, dass sich die SPÖ quasi selbst entmannt hat. Es schmerzt dich, Bruno Aigner zu zitieren, der meint, dass die SPÖ von der Hand in den Mund lebt. (Zwischenrufe der Bundesräte Drochter und Winter. ) Es schmerzt dich, Bruno Aigner zu zitieren, der im Zusammenhang mit der jetzigen Bundesregierung sagt: Aber auch der Zustand der SPÖ ist ein Schlüssel zum Problem. Die SPÖ hat ihre soziale Verantwortung vernachlässigt und dadurch viele Wählerinnen und Wähler an Haider verloren. Sie ist heute weniger eine Partei des "kleinen" Mannes, sondern eher des Unternehmers Stronach, dem Gewerkschaften ein Gräuel sind, und der Wechsel von Andreas Rudas zu Stronach ist symbolhaft. – Zitatende. (Bundesrat Payer: Aber der jetzige Herr Finanzminister kommt auch von Stronach!) Das sage nicht ich – ich bin aber auch dieser Meinung –, sondern das schreibt Bruno Aigner, ein Vordenker. (Rufe bei der SPÖ: Grasser!)

Es ist nicht mein Problem, dass Grasser, weil er bei Stronach war, stigmatisiert ist und schon jetzt als schlechter Finanzminister gesehen wird, Rudas aber, der jetzt bei Stronach ist, und Herr Vranitzky, der von Stronach ein Taschengeld bekommt – wie auch andere exponierte Sozialdemokraten heißen mögen –, besser sind, trotzdem aber: Wird jetzt Stronach als positiv oder als negativ gesehen? (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen. – Zwischenrufe bei der SPÖ.)


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