Bundesrat Stenographisches Protokoll 661. Sitzung / Seite 89

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Auch zahlreiche deutsche Medien kritisieren die Maßnahmen der Vierzehn. Der bayerische Ministerpräsident spricht von einem Amoklauf der EU. Der Chefredakteur der "Rheinischen Post" schreibt von der "arroganten Reaktion der Europäer", und der bayerische Europaminister hat die "Vorverurteilung einer durch demokratische Wahlen legitimierten Regierung" massiv kritisiert. (Bundesrat Konecny: Ich habe Ihnen keine Zeitungsausschnitte vorgelesen! – Bundesrat Dr. Linzer: Die Wahrheit hört man bekanntlich nicht gerne! – Präsident Weiss gibt das Glockenzeichen.) Hier werde ein Staat verurteilt, ohne dass ihm irgendwelche Verstöße gegen das Gemeinschaftsrecht vorgehalten werden könnten; die Souveränitätsrechte eines kleinen Landes würden ohne jegliche Grundlage im EU-Vertrag verletzt. "Focus" titelt am 14. Februar: "Mit ihrem Verhalten gegen Österreich streift die EU den Rand der Hysterie."

Selbst die französische "Libération" berichtet heute über einen Konflikt zwischen den Verfechtern einer harten Linie innerhalb der Regierung und jenen eines Verhaltens im Sinne der Realpolitik.

Ich könnte noch weitere Zitate anführen, die durchaus unterschiedliche Bewertungen der EU-Maßnahmen verdeutlichen. Ich meine aber, dass diese kurze Aufzählung bereits einen hinreichenden Eindruck über die keineswegs einhellige Stimmungslage in Europa vermittelt. – Danke schön. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

17.40

Vizepräsident Jürgen Weiss: Wir gehen nun in die Debatte ein.

Ich mache darauf aufmerksam, dass nach der Geschäftsordnung die Redezeit jedes Bundesrates mit insgesamt 20 Minuten begrenzt ist.

Als Erster zu Wort gemeldet hat sich Herr Bundesrat Stefan Prähauser. Ich erteile es ihm.

17.41

Bundesrat Stefan Prähauser (SPÖ, Salzburg): Herr Präsident! Geschätzte Damen und Herren der Bundesregierung! Bundeskanzler Schüssel hat durch seine Abwesenheit den Bundesrat nicht gerade ausgezeichnet. (Bundesrat Bieringer: Klima war auch nicht da! – Bundesrat Dipl.-Ing. Missethon: Der hat nicht einmal geantwortet!) Selbstverständlich weiß ich, dass es sein legitimes Recht ist, sich vertreten zu lassen; aber in einer Frage, die ihn persönlich betrifft, würde es ihm anstehen, auch persönlich Stellung zu nehmen. (Beifall bei der SPÖ.)

Auch wäre es gar nicht notwendig gewesen, eine solch ausschweifende Antwort zu formulieren. Zweimal das Wörtchen "nein" hätte der Kultur in diesem Lande zur Ehre gereicht: Das eine "Nein" in dem Sinne, dass er die Vorausinformationen sehr wohl vernommen, aber die Reaktionen unterschätzt hat, und das zweite "Nein" im Sinne der Feststellung, dass wir mit jenen Regierungen, jenen Politikern, die keinen Schaden an Österreich sehen, aus österreichischer Sicht nichts gemeinsam haben.

Meine Damen und Herren! Ich glaube, wenn wir wollen, dass Österreich wieder geschätzt wird, dass wir wieder auf jenen Stellenwert zurückkehren, den wir schon eingenommen haben, dann sollten wir als Österreicher mit gutem Beispiel vorausgehen, indem wir auch im Inland entsprechend für Signale sorgen und diese dann über Österreich hinaus mitteilen.

Wenn wir unsere Probleme in Österreich so aufarbeiten, dass wir uns gegenseitig vorwerfen, für eine Sache zu protestieren oder nicht, dann ist das der falsche Weg. Ich meine, dass Wasserwerfer kein Auslagenprodukt für eine Demokratie sind, wie sie in Österreich bisher stattgefunden hat und wie ich sie, so hoffe ich, auch in Zukunft wieder finden werde. Ich glaube auch, dass es im Ausland keine Reklame für Österreich ist, dass das Parlament abgeriegelt wird, dass aus der Besorgnis heraus, aufgrund der eigenen, durch unkontrollierte Worte eingeschlagenen Politik Demonstrationen hinnehmen zu müssen, die Bevölkerung von den Sitzungen fern gehalten wird. (Bundesrätin Haunschmid: Aber Demonstranten mit Steinen! Das ist es vielleicht? – Ruf bei den Freiheitlichen: Aber demonstrierende Schlägertrupps! – Bundesrätin Haunschmid: Demonstranten mit Pflastersteinen!)


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