Bundesrat Stenographisches Protokoll 661. Sitzung / Seite 96

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Wenn sich die dringliche Anfrage unter anderem auch auf einen Bericht des "Standard" bezieht, wonach der französische Staatspräsident Chirac seine Position – ich zitiere – "mit ultimativen Worten" klargestellt habe, so fällt auf, wie wertneutral, wenn nicht gar affirmativ eine dermaßen schlimme Meldung wiedergegeben wird. Wir unterstellen es einem Staatsmann wie Chirac durchaus nicht, dass er unseren Außenminister mit Ultimaten unzulässig unter Druck gesetzt hat. Ich vermisse es aber, dass sich die sozialdemokratische Fraktion davon klar und deutlich distanziert – wie auch immer, wie ich meine, von der Unterstellung an Staatspräsidenten Chirac, oder, sollte es keine Unterstellung sein, dann von einer derartigen Vorgangsweise, die ich mir unter gesitteten Diplomaten nicht vorstellen kann.

Freilich bestärkt all das den misslichen Eindruck, dass das Auslandsecho nicht zuletzt auf die das Bild der Freiheitlichen Partei jahrelang verzerrende Darstellung durch die SPÖ im In- und Ausland zurückzuführen ist. Das ist nicht etwa bloß mein persönlicher Eindruck. Ich erinnere Sie daran, dass ich hier an diesem Rednerpult in der letzten Sitzung unwidersprochen auf Folgendes hingewiesen habe, wie nach mir auch Kollege Maier – ich zitiere –: "Es kann ja wohl nicht reiner Zufall sein, wenn seriöse internationale und ausländische Medien dem scheidenden Bundeskanzler Klima unterstellen, dass er" – ein "Presse"-Zitat – "zur Pflege eigener Interessen eine mögliche Regierungskoalition von FPÖ und ÖVP als gesamteuropäische Gefahr beschworen hat." Der in der Sitzung anwesende Bundeskanzler Klima – es war sein letzter Tag als Bundeskanzler – hat dazu mit keinem Wort Stellung genommen. Ein wahrlich beredtes Schweigen mit eindeutigem, objektivem Erklärungswert.

In der Tat – ich darf mich nochmals wiederholen –, wenn man, wie heute schon zutreffend ausgeführt wurde, am Rande der Stockholmer Konferenz zum Holocaust – genau diese Thematik sollte man mit entsprechender Sensibilität behandeln – oder am Rande des Weltwirtschaftsforums in Davos die Gefahr beklagt hat, dass die Freiheitliche Partei Österreichs an der Regierung beteiligt werden könnte, dann darf man sich nicht wundern, wenn das in anderen europäischen Staaten Besorgnis auslöst. Das umso mehr, wenn man zuvor die Freiheitliche Partei Österreichs andauernd als rechtsextreme Partei denunziert hat.

Auch deshalb vermag ich es – genauso wie mein Vorredner – nur als finsterste Polemik zu bezeichnen, wenn der Bundeskanzler in der zweiten Anfrage dazu Stellung nehmen sollte, ob für ihn die Fülle der besorgten Reaktionen aus dem Ausland durch die positiven Reaktionen von Le Pen, Alessandra Mussolini, Megret oder Šešelj aufgewogen werden. Da stimme ich mit Kollegen Maier absolut überein: Das ist Polemik, das ist Provokation, das ist keine sachliche Anfrage. Sie verdient sich daher auch gar keine sachliche Antwort. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Bundesräten der ÖVP.)

Erneut muss ich daher abschließend wie schon am 3. Februar das bedauerliche Resümee ziehen: Die Rolle, die die Sozialdemokratische Partei Österreichs im Zuge der grenzüberschreitenden Informationspolitik gespielt hat, raubt ihr jede Glaubwürdigkeit, wenn sie in dieser dringlichen Anfrage die außen- und europapolitische Situation Österreichs beklagt. Das ist Scheinheiligkeit! – Ich danke Ihnen. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

18.13

Vizepräsident Jürgen Weiss: Als nächstem Redner erteile ich Herrn Bundesrat Dr. Günther Hummer das Wort. – Bitte.

18.13

Bundesrat Dr. Günther Hummer (ÖVP, Oberösterreich): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Staatssekretär! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Hoher Bundesrat! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die Frage, die sich hier aufdrängt, ist nicht so sehr, ob die Bundesregierung wissen konnte, dass die übrigen Staaten – nicht die EU, die übrigen Staaten – des Verbandes der Union der 15 so reagieren würden, sondern die Frage, die sich mir aufdrängt, ist eigentlich die, ob man solch einem Verhalten der Europäischen Union überhaupt noch zusehen kann.

Als ich gehört habe, dass die 14 sich zusammengefunden haben, um gewissermaßen Österreich zu boykottieren, da meinte ich, nicht recht gehört zu haben, und meine erste Reaktion war:


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