Bundesrat Stenographisches Protokoll 662. Sitzung / Seite 62

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Gott sei Dank gibt es in der SPÖ – und mich vollen Herzens mit eingeschlossen – dieses demokratische Bewusstsein. (Lebhafter Widerspruch bei der ÖVP und den Freiheitlichen. – Bundesrat Ledolter: ... weder der Herr Einem noch der Herr Schlögl für den Parteivorsitz! – Weitere Zwischenrufe. – Unruhe im Saal.)

Ihre Zwischenrufe höre ich mir genüsslich an, weil man sich eigentlich in irgendeiner Form damit verrät. Zwischenrufe passieren sehr schnell aus dem Bauch heraus, sie werden nicht reflektiert. Das heißt, Sie verraten sich mit diesen Zwischenrufen. (Beifall bei der SPÖ.)

Aber bei aller Demokratie, eines gestehe ich Ihnen nicht zu: dass Sie von der ÖVP bei der SPÖ Kandidaten – weibliche oder männliche – zum Parteivorsitzenden nominieren. Das steht Ihnen nicht zu, auch nicht als Zwischenruf hier im Bundesrat! Ich denke, Sie haben jetzt das demokratische Verständnis, nicht von der Tatsache abzulenken, dass Ihre Ministerin heute hier sitzt, die uns Antwort geben und ihre Sicht der Dinge darstellen wird. (Neuerliche Zwischenrufe bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Frau Ministerin! Ich stelle mit Genuss fest, dass es (in Richtung Freiheitliche) diese Partei ist, die jetzt im Nationalrat von der Entwaffnung der Worte und mehr politischer Kultur spricht, und stelle weniger genussvoll fest, dass die ÖVP-Fraktion oder Teile davon diese Unkultur sehr schnell angenommen haben. (Widerspruch bei der ÖVP und den Freiheitlichen. – Unruhe im Saal.)

Nun zu Ihnen, Frau Ministerin. Ihr Schweigen zur Absetzung der Frauenbeauftragten des Landes Kärnten können Ihnen die Frauen in Österreich und auch in Kärnten nicht verzeihen. Dafür gibt es keine Entschuldigung. (Bundesrat Bieringer: Auch in der SPÖ hat man die Frauenbeauftragte umbesetzt! Warum denn?!)

Der zweite Punkt ist, dass mir als Politikerin völlig unverständlich ist, dass Sie kein Ohr für jene Menschen haben, die Sie gewählt oder auch gar nicht gewählt haben, die sich aber dafür einsetzen, Ihre Kompetenz und auch Ihren Gestaltungsspielraum zu erweitern. (Bundesrat Weilharter: Das ist eine Unterstellung! Eine böse Unterstellung!)

Frau Ministerin! Sie haben sich im Sinne des bekannten Bildes vom Saulus und Paulus gewandelt. Dabei ist die Reihenfolge zu werten, ob man zuerst den Paulus oder den Saulus nennt; das ist eine Einschätzung, die jeder für sich selbst vornehmen muss. Aber in Analogie zu diesen beiden Namen, so denke ich mir, ist etwas Ähnliches mit Ihnen passiert. Und wenn man das "-us", die männliche Form, weglässt – einer der Kollegen hatte ja Probleme mit der österreichischen deutschen Rechtschreibung, mit der Endung "-Innen"; normalerweise schaut man da nach –, dann kann man sagen, entweder haben Sie sich von der Paula zur Saula oder von der Saula zur Paula entwickelt. (Heiterkeit und Beifall bei der SPÖ.)

Frau Ministerin! Welchen Aufschrei hätte es gegeben, und zwar von allen Fraktionen, wenn irgendjemand auf die Idee gekommen wäre, das Justizministerium abzuschaffen! Gesetze und deren Ausführung betreffen alle Ressorts und Kompetenzen, betreffen alle Ministerien. Ich denke, der Aufschrei wäre nicht leise gewesen!

Oder: Nehmen wir ein zweites Beispiel her, etwa den Bereich des Wirtschaftsressorts. Besonders ÖVP und FPÖ argumentieren ja permanent, dass die Wirtschaft ohnehin von den Unternehmen und den Konzernen gemacht wird, da brauche man keine politische Einmischung. Also die Auflösung des Wirtschaftsressorts wäre ja eigentlich ... (Zwischenrufe bei der ÖVP.)  – Nein, nein, ich zitiere nur Sie, denn ich habe eine ganz andere Vorstellung von Wirtschaft! Ich vertrete nicht die Auffassung, dass es dabei nur eine Seite der Waage gibt, sondern da gibt es zwei. – Aber die Aufregung über die Auflösung des Wirtschaftsressorts wäre wohl berechtigt und groß gewesen. (Bundesrätin Giesinger: Ihre Vergleiche hinken!)

Die Auflösung des Frauenministeriums hingegen provoziert höchstens – und ich bewerte nicht – hohle Sätze, wie sie heute hier zu diesem Thema gesprochen wurden. Zum Inhaltlichen wurde kaum etwas gesagt. (Bundesrat Dr. Linzer: Unglaublich, was Sie von sich geben! Ich habe Sie höher eingeschätzt! – Bundesrat Dr. Aspöck: Wir hoffen, jetzt kommen die "inhaltlichen


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